Liebe Mona,
ich wollte erst ein bisserl abwarten, ob sich jemand meldet, der sich mit "Erzählformen und -strukturen" und den dazugehörigen Fachausdrücken auskennt, denn das tu ich nicht.
Aber zu Deiner Frage:
Mona hat geschrieben:
...würde ich meinen, dass es sich um einen auktorialen Erzähler handelt, ... Problematisch finde ich, woher dieser auktoriale Erzähler , wenn er es von aussen betrachtet und sich selber über die Dinge stellt, wissen will, was Betty fühlt und denkt ,
Also, den Ausdruck "auktorialer Erzähler" kenne ich zwar nicht, aber mir ist das lateinische Wort "auctor" geläufig, was soviel wie "Urheber, Schöpfer" heißt.
Nun, und derjenige, der nicht nur die Gestalt, sondern auch deren Erlebnisse geschaffen hat, sollte nicht wissen, was sie fühlt und denkt? Genau
darum weiß er es,
weil er der "auctor" ist!Daß er sich immer wieder auch als "reflector" über die Dinge stellt, heißt ja noch lange nicht, daß er deswegen gleich vergißt, daß er der "auctor" ist. Das wäre ja so, als ob ich, wenn ich über meine eigenen Gefühle und Gedanken nachdenke, nicht mehr wüßte, daß ich sie habe...
Ich finde übrigens, es ist durchaus nicht ausschließlich aus Bettys Perspektive erzählt. Rilke ist auch
Karls "auctor". Schließlich stehen auch solche Sätze drin:
Eigentlich that sie ihm leid, seine Betty! Wie herzlich u. innig sie ihm dankte! Sie war doch ein gutes Wesen und er dachte, wie er ihr immer gesagt hatte: "Wir werden uns heiraten"... und jetzt? ... Schämen sollte er sich.
Daß es dennoch insgesamt um
Bettys Erleben geht, zeigt sich ja schon im Titel...
Lieben Gruß
stilz
"Wenn wir Gott mehr lieben, als wir den Satan fürchten, ist Gott stärker in unseren Herzen. Fürchten wir aber den Satan mehr, als wir Gott lieben, dann ist der Satan stärker." (Erika Mitterer)