Ich habe heute eine Deutscharbeit über "Der Dichter" von Rilke geschrieben. Im Unterricht haben wir "Herbsttag" besprochen und auch "Der Panther" (Was eines meiner absoluten Lieblingsgedichte ist), ich fühlte mich eigentlich auf der sicheren Seite, auch heute während der Arbeit.
Mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich alles wichtige gedeutet habe und vor allem ob ich richtig gedeutet hab.
Wir hatten im Unterricht eine Form für den Interpretationsaufsatz festgelegt und ich glaube,die unterscheidet sich etwas von der gewöhnlichen Form.
Also wir sollten den Gegenstand feststellen, dann ein vorläufiges Thema vorschlagen.
Dann die Reimung, Aufbau, Gliederung, Antithesen, Motive und Stilmittel raussuchen und zum Schluß das endgültige Thema aufschreiben und die eigene Meinung aufschreiben.
Stilmittel hatten wir im Unterricht,bis jetzt nur diese: Alliteration, Anapher, Chiasmus, Ellipse, Klimax, Parallelismus, Parenthese, Pleonasmus, Oxymoron, Ironie, Enjambement, Vergleich und Metapher.
Ich habe die Arbeit natürlich noch nicht wiederbekommen, also schreibe ich erstmal die Dinge auf, bei denen ich mir wirklich unsicher bin:
Als Gegenstand hab ich das lyrische Ich, das von allen verlassen wurde und deshalb über seine Einsamkeit und Heimatlosigkeit nachdenkt.
Als endgültiges Thema hab ich die Verzweiflung über die Einsamkeit und darüber, dass das lyrische Ich sich immer wieder Menschen anvertraut und doch immer enttäuscht wird.
Dann dachte ich, es ist auffällig,dass in dem Gedicht vier mal das Wort "ich" vorkommt, und habe mir die Textstellen herausgesucht, also
"was soll ich mit meinem Munde?"
"Ich habe keine Geliebte"
und vor allem
"Ich lebe"
Das habe ich so gedeutet,dass das lyrische Ich zwar verzweifelt ist, aber trotzdem lebt und leben will.
Dann habe ich von den eben aufgeführten Stilmitteln eigentlich kaum welche in diesem Gedicht gefunden. Als sprachliche Bilder habe ich die Stunde, die sich entfernt und mit Flügelschlägen das lyrische Ich verletzt und alle Dinge, die reich werden und das lyrische Ich verlassen.
Habe ich da welche übersehen?
Was ich nicht geschrieben habe ist irgendeine Verknüpfung zwischen der Überschrift und dem lyrischen Ich.
Ist das lyrische Ich "der Dichter" ?
Ich bin wirklich unsicher, wie gut mein Interpretationsaufsatz war und dazu auch noch ziemlich ungeduldig.
Vielleicht muss noch gesagt werden, dass ich in der 10. Klasse bin, also noch nicht auf der Oberstufe, denke die Form des Interpretationsaufsatzes ist dem angepasst.
Ich würd mich über jede Hilfe und Antwort freuen..
Interpretation zu "Der Dichter"
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Es ist schwierig, über einen nicht vorliegenden Aufsatz zu diskutieren. Ja, das lyrische Ich ist hier der "Dichter", sonst hätte der Titel ja gar keinen Bezug zum Gedicht. Es sind allerdings nicht Menschen, denen er sich anvertraut, sondern "Dinge". Von Menschen spricht er überhaupt nicht, ausgenommen die Geliebte, die es nicht gibt. Ich sehe auch keine Verzweiflung, sondern nur Ratlosigkeit. Als Stilmittel wären vielleicht noch die drei Fragen zu erwähnen sowie der Gleichklang Stunde, Wunde, Munde.
Was mir noch auffällt - aber das erwarte man von dir nicht -, ist eine Verwandtschaft zur dritten Strophe von "Herbsttag":" Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben..."
Mache dir aber keine Sorgen. Geschrieben ist geschrieben, nachträglich ändern geht nicht, jetzt heißt es Ruhe bewahren.
Gruß
gliwi
Was mir noch auffällt - aber das erwarte man von dir nicht -, ist eine Verwandtschaft zur dritten Strophe von "Herbsttag":" Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben..."
Mache dir aber keine Sorgen. Geschrieben ist geschrieben, nachträglich ändern geht nicht, jetzt heißt es Ruhe bewahren.
Gruß
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Zuletzt geändert von gliwi am 3. Dez 2006, 00:44, insgesamt 1-mal geändert.
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT
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Ne, ich wollt gar nicht über meinen Aufsatz diskutieren, da ich den eh nicht so ganz zusammen krieg, was wohl anscheinend auch besser ist. Hört sich ja schrecklich an, da hab ich das Gedicht ja mal richtig schön falsch interpretiert
.
Hab nur im Internet keine Interpretation von diesem Gedicht gefunden und das interessiert mich nun doch, wie das Ganze besser zu deuten ist.

Hab nur im Internet keine Interpretation von diesem Gedicht gefunden und das interessiert mich nun doch, wie das Ganze besser zu deuten ist.
"Richtig schön falsch" glaube ich nicht. Du hast sicher einiges passend gedeutet, ein völliges "Falsch" gibt es nur selten, ebenso wie ein völliges "Richtig". Ich wollte dich nicht entmutigen. Was halt ganz wichtig ist beim Interpretieren: genau hinschauen, was dasteht. Und wenn man auf etwas stößt, was zu der schon gefassten eigenen Meinung nicht passt, nochmal umwerfen und neu anfangen.
Wenn du alles schon könntest, bräuchtest du ja nicht mehr in die Schule zu gehen.
Gruß
gliwi

Gruß
gliwi
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT
Das "Lyrische Ich" ist "Der Dichter", sagt gliwi. Einverstanden, aber das bedeutet nicht, der Dichter sei R. M. Rilke. Es ist meiner Meinung nach kein autobiographisches Gedicht, sondern es will allgemein die Situation der dichterischen Persönlichkeit darstellen. Das Verzwickte an diesen Sachen ist, daß man auch wieder nicht sagen kann, das ganze habe rein gar nichts mit Rilkes eigener Situation und mit der des Dichters in seiner Zeit zu tun, aber gleichsetzen sollte man "den Dichter" und RMR besser nicht.
Die Situation der "Heimatlosigkeit" wird im Gedicht am Beginn der zweiten Strophe unmißverständlich ausgesprochen. Ob er deshalb "verlassen" und "enttäuscht" wurde? Ob er sich also nur zufällig in einer Lebenssituation befindet, die sich bald wieder ändern kann, wenn er nur jemanden findet, dem er sich anvertrauen kann, wie Du schreibst, und der bei ihm bleibt oder wenn er irgendwo eine feste Adresse hat? Ich glaube das nicht und verstehe das Gedicht eher so, daß die Einsamkeit des Dichters etwas prinzipielles ist, das zu seinem Beruf und Amt gehört, so wie die Trauer über das unerbittliche Verrinnen der Zeit (V. 1 u. 2). Deshalb will er gar nicht auf eine Geliebte und einen festen Wohnsitz und einen bürgerlichen Beruf zählen müssen, weil ihn das nur an seiner Aufgabe hindern müßte, sich der Welt in all ihren Erscheinungen zuzuwenden im Sinn der "Dinge, an die er sich gibt".
Stilmittel sind für mich z.B. die Personifikation "du Stunde", die Metapher des "Flügelschlags" (die wie ein Vogelzug dahinziehende Zeit, das hast Du ja auch als Bild wahrgenommen), die Alliteration und Lautmalerei mit dem Buchstaben "l": "schlägt"-"Flügelschlag"-"Allein"-"soll", die Anaphern "mit meinem/ mit meiner" usw. oder "keine Geliebte, kein Haus, /keine Stelle", die Antithesen "Du" am Anfang von Str. 1 und "Ich" am Anfang von Str. 2 und von "Nacht" und "Tag".
Wenn es insgesamt so aussieht, als käme ich in manchem zu einer etwas anderen Auffassung als Du, muß Dich das nicht entmutigen, das ist beim Verstehen von Gedichten sehr oft der Fall, ich denke, es ist wichtiger, daß Du Deinen eigenen Zugang zum Gedicht verständlich machen konntest.
Gruß, helle
Die Situation der "Heimatlosigkeit" wird im Gedicht am Beginn der zweiten Strophe unmißverständlich ausgesprochen. Ob er deshalb "verlassen" und "enttäuscht" wurde? Ob er sich also nur zufällig in einer Lebenssituation befindet, die sich bald wieder ändern kann, wenn er nur jemanden findet, dem er sich anvertrauen kann, wie Du schreibst, und der bei ihm bleibt oder wenn er irgendwo eine feste Adresse hat? Ich glaube das nicht und verstehe das Gedicht eher so, daß die Einsamkeit des Dichters etwas prinzipielles ist, das zu seinem Beruf und Amt gehört, so wie die Trauer über das unerbittliche Verrinnen der Zeit (V. 1 u. 2). Deshalb will er gar nicht auf eine Geliebte und einen festen Wohnsitz und einen bürgerlichen Beruf zählen müssen, weil ihn das nur an seiner Aufgabe hindern müßte, sich der Welt in all ihren Erscheinungen zuzuwenden im Sinn der "Dinge, an die er sich gibt".
Stilmittel sind für mich z.B. die Personifikation "du Stunde", die Metapher des "Flügelschlags" (die wie ein Vogelzug dahinziehende Zeit, das hast Du ja auch als Bild wahrgenommen), die Alliteration und Lautmalerei mit dem Buchstaben "l": "schlägt"-"Flügelschlag"-"Allein"-"soll", die Anaphern "mit meinem/ mit meiner" usw. oder "keine Geliebte, kein Haus, /keine Stelle", die Antithesen "Du" am Anfang von Str. 1 und "Ich" am Anfang von Str. 2 und von "Nacht" und "Tag".
Wenn es insgesamt so aussieht, als käme ich in manchem zu einer etwas anderen Auffassung als Du, muß Dich das nicht entmutigen, das ist beim Verstehen von Gedichten sehr oft der Fall, ich denke, es ist wichtiger, daß Du Deinen eigenen Zugang zum Gedicht verständlich machen konntest.
Gruß, helle
Hallo helle,
ich habe nicht behauptet, dass "DerDichter" Rilke sei.( Wie du und ich wissen, hatte er ja nie Mangel an Geliebten.)Deine Schlussbemerkung möchte ich unterstreichen: den eigenen Zugang finden und aus dem Gedicht heraus begründen, das ist das Geheimnis einer guten Interpretation. Und irgendwelche Bezüge zur Person des Dichtenden sind sehr vorsichtig an den Schluss zu setzen.
Allerdings ist es jetzt anscheinend wieder "in", diese Bezüge zu betonen, wie ich manchen Aufgabenstellungen hier im Forum entnehme.
Mit den toten Dichtern kann man's ja machen!
Gruß
gliwi
ich habe nicht behauptet, dass "DerDichter" Rilke sei.( Wie du und ich wissen, hatte er ja nie Mangel an Geliebten.)Deine Schlussbemerkung möchte ich unterstreichen: den eigenen Zugang finden und aus dem Gedicht heraus begründen, das ist das Geheimnis einer guten Interpretation. Und irgendwelche Bezüge zur Person des Dichtenden sind sehr vorsichtig an den Schluss zu setzen.
Allerdings ist es jetzt anscheinend wieder "in", diese Bezüge zu betonen, wie ich manchen Aufgabenstellungen hier im Forum entnehme.

Gruß
gliwi
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT