Woher stammt

Rilke-Texte gesucht und gefunden

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Dirzurfeier
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Woher stammt

Beitrag von Dirzurfeier »

Hallo, wer weiß, bitte, woher folgende Textstelle aus dem Rilkewerk stammt:

"Wir wissens ja oft nicht, die wir im Schweren sind bis über die Knie, bis
an die Brust, bis ans Kinn", sagt Rainer Maria Rilke. "Aber sind wir denn
im Leichten froh, sind wir nicht fast verlegen im Leichten. Unser Herz ist
tief, aber wenn wir nicht hineingedrückt werden, gehen wir nie bis auf den
Grund. Und doch, man muss auf dem Grund gewesen sein. Darum handelt
sichs."

Liebe Grüße, Ulrich
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lilaloufan
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Schauspieler als Interpret von Gedichten

Beitrag von lilaloufan »

Das Zitat kenne ich nicht wieder, aber es klingt mir wie ein von Rilke aus einer Fremdsprache übersetzter Text. Irgendwer hier wird dir gewiss weiter helfen können.

Hast du eigentlich deine Begrüßung unter http://www.rilke.de/phpboard/viewtopic.php?p=6900#6900 gefunden. Ich wollte dich gerne fragen, ob du die folgende Briefpassage kennst und gewissermaßen als Herausforderung für dich auffassen magst: «Was mich überrascht, ist, die Sprech-Maschine fast ausschließlich als Wiedergeberin musikalischer Zusammenhänge gerühmt zu finden, so, als ob sie mit dem gesprochenen Wort noch wenig beschäftigt sei. Und doch könnte sie, durch seine exakte Wiederholung, demjenigen, dessen Sache es ist, eine Rede oder ein Gedicht zu sprechen, ebenso strenge Kontrolldienste erweisen, wie das, auf seinem Gebiete, ähnlich, für den ausübenden Musiker geschieht. Die Sprechmaschine könnte ferner, im Dienste des dichterischen Wortes, dazu mitwirken, dass man zum Lautlesen des Gedichts (über dem allein sein ganzes Dasein sich herausstellt) eine neue geordnete Verpflichtung gewönne. Wie vielen Lesenden fehlt noch die wirkliche Beziehung zum Gedicht, weil sie, im stillen Darüberhinlesen, seine besonderen Eigenschaften nur eben streifen, statt sie sich zu erwecken. Ich stelle mir (nach einigem Widerstreben) einen Lesenden vor, der, mit dem Gedichtbuch in der Hand, mitlesend, eine Sprechmaschine abhört, um von der Existenz des betreffenden Gedichts besser unterrichtet zu sein; das wäre gewiss kein „Kunst-Genuss“, aber ein sehr eindringlicher Unterricht, etwa wie gewisse Tabellen im Schulzimmer dem Auge ein sonst Unsichtbares in seinen Proportionen vorstellen und auftragen. Voraussetzung für eine solche Übung wäre allerdings, dass die Maschine das Tonbild der Versreihe durch den eigenen Mund des Dichters empfangen hätte und nicht etwa auf dem Umweg über den Schauspieler. Im Gegenteil, dieses Lehrmittel wäre nicht ungeeignet, den Schauspieler als Interpreten von Gedichten (in welcher Anwendung er sich fast immer irrt und vergeht) unschädlich [sic!] zu machen. Aufbewahrt in den Platten, bestände dann, jeweils aufrufbar, das Gedicht in der vom Dichter gewollten Figur: ein beinah unvorstellbarer Wert! Aber freilich für unsereinen, dem bestimmte Offenbarungen aus ihrer unerhörten Einmaligkeit ihr Unbeschreiblichstes an Größe, Wehmut und Menschlichkeit zu gewinnen scheinen, wäre ein solches mechanisches Überleben der heimlichsten und reinsten Sprachgestalt fast unerträglich. Noch ist es (neben einer Not) auch eine Stärke und ein Stolz unserer Seele, mit dem Einzigen und unwiederbringlich Vergehenden umzugehen.», schreibt Rilke am 19.IV.1926 an Dieter Bassermann.
Dein Wort vom Rilke-Rezitieren „ohne Netz“ finde ich wirklich spannend.
»Wir tragen leidenschaftlich den Honig des Sichtbaren ein, um ihn im großen goldenen Bienenstock des Unsichtbaren anzuhäufen.«
Dirzurfeier
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Brief an Bassermann

Beitrag von Dirzurfeier »

Das ist eine höchst faszinierende Gedankenspielerei Rilkes. Ich kannte sie nicht.
Wäre schön gewesen, hätte Rilke mir den Grad der Deckung oder Abweichung von seiner Vers-Ton-Skala rückmelden können.
Er wäre vielleicht der einzige gewesen, auf den ich hörte.

Danke für den besonderen Hinweis!

Ulrich
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lilaloufan
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Man muss auf dem Grund gewesen sein.

Beitrag von lilaloufan »

Hier hab’ ich dein Zitat – allerdings mit Apostroph beim letzten Wort: „…sichs.“: Es steht in dem Band: Briefe 1902-1906, in der mir heute vorliegenden Ausgabe auf Seite 284 f.
»Wir tragen leidenschaftlich den Honig des Sichtbaren ein, um ihn im großen goldenen Bienenstock des Unsichtbaren anzuhäufen.«
Dirzurfeier
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Beitrag von Dirzurfeier »

Das finde ich ja sehr spannend.
Nun kann ich das Umfeld genauer sehen.
Lieben Dank für die Information.

Grüße vom Ulrich
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