Ich weiß nicht recht, irgendwie erinnert mich dieses «
eine Geige dann (…) erwacht und sagt ganz langsam: „Eine Blonde“» an
Jacky Brown und
Baby Miller in
Kurt Feltz’ herrlichem Song: „
Kriminal-Tango in der Taverne“… Eine [A…-]'Geige', ist das in Ganovensprache vielleicht der Kommissar? „Eine 'Blonde'“ die Havanna, zum verabredeten Zeichen zu entzünden? Ach, ich kenn’ mich mit Krimis noch weniger als mit Poetik aus!
Aber ich kann mir keinesfalls wirklich vorstellen, dass diese Zeile des
23-jährigen Rilke dem bald
60-Jährigen mitwisserisch-distanzlos sagen will: „
Kennen Sie den?: Eine Blondine…“.
Es gibt von
Hans Thoma einen Brief aus dem Entstehungsjahr dieses Gedichts, vom 2. November - also einen Monat nach dem 60. Geburtstag - der gibt vielleicht etwas her (ich habe ihn noch nicht recherchiert; willst du, @
Astrid, meinem p.m.-Hinweis auf
Joachim Rössiger einmal nachgehen?…).
Was eigentlich heißt „
Ruf der Ronde“? Berufung durch die
Table Ronde? - aber nein, an die Karlsruher Akademie wurde man damals durchaus nicht in demokratischem Procedere berufen, die Ehre gab sich der Großherzog von Baden höchstselbst. Berufung als Vorsitzender der Frankfurter Künstlergesellschaft? Das sind Provinzgeschichten, keine Rilke-Zeile wert.
Ich bin in den Sechzigern in die Taunusschule gegangen, habe von Königstein immer nach Kronberg

herübergeguckt
[
Dank an http://www.kronberger-maler.de für die schöne Reproduktion hier; dort, wo zu Thomas Zeit eine weite leere Ebene sich breitet, dort haben Frankfurt & Satelliten heute alles zugebaut!],
habe zwischen Abitur und Studium dann in Oberursel als Postzusteller gejobbt, auch in dem Zustellbezirk, in dem Hans Thomas Haus stand, und am Marktplatz um die Hans Thoma-Gedächtnisstätte herum;
Hans Thoma ist dort allgegenwärtig. In jedem Viertklass-Klassenraum (Heimatkunde!) hing der
„Blick in ein Taunustal“.

Vielleicht interessiert mich deswegen dieser Thread so sehr, mehr aus Nostalgie denn aus Forscherdrang?
Übrigens von wegen „in eine Blonde verliebt?“: Thomas Frau,
Cella Thoma-Berteneder, war im Entstehungsjahr dieses Gedichts seit 22 Jahren mit Thoma verheiratet. Sie hatte Thoma im Atelier des (deutschen) Malers
Viktor Müller (1830-1871), wo sie schon als 12-Jährige Modell gesessen hatte, kennen gelernt und war mit 17 Jahren seine Malschülerin, als 19-Jährige seine Frau geworden. Da müsste es doch Portraits von ihr geben? Bekannt sind mir nur Werke von ihr, die hängen im Taunus auch allerorten: z. B.

.
Ob
Rilke sie kennen gelernt hat?
[Der (tschechische) Maler des folgenden Bildes heißt auch
Viktor Müller (1871-1951),

, aber es ist
nicht der, nach dessen Frauenportraits die Fahndung läuft…]