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Rilke-Texte gesucht und gefunden

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Claudia

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Beitrag von Claudia »

Wer kann mir sagen wo ich einen Text oder ein Gedicht finde bei Rilke, das die Ehe, bzw. ein Ehepaar beschreibt?
Michaela

Beitrag von Michaela »

Hallo,

hier kommt ein Gedicht zum Thema , auch wenn die Frage schon sehr lange im Forum unbeantwortet geblieben ist:

Rainer Maria Rilke: Ehe

Sie hatten beide lange geschwiegen.
Jetzt war die Stube dämmergrau.
Da sagte der Mann, und es hörte die Frau:

Wir wollen einander nicht unterliegen.
Ein jeder hat seine eigenen Qualen.
Meine Großeltern in den ovalen
Rahmen erschrecken mich manchmal so.
Sähest du erst die Schriften von beiden:
ich kann in den späteren seltenen Briefen
was sie geschrieben nur durch die schiefen
Zeilen von seiner Hand unterscheiden. -
.......Weißt du, man darf nicht gemeinsam leiden,
das macht bescheiden gegen den Schmerz.
Leg deine Hand an mein Herz
oder an meine Handgelenke:
Fühlst du, wie ich überall denke?
und ich kann dir nicht sagen was.
Laß dich niemals zu mir bekehren,
und auch ich will mich wehren....

Sie zögerte eine Weile und dann
sagte die Frau, und es hörte der Mann:

Du hast mir die Menschen fortgenommen,
die vielzunahen und vielzulauten;
jetzt kann mein Leben über mich kommen,
das mir die andern nicht anvertrauten.
Jetzt werd ich mich endlich einmal verschließen
und nichtmehr warten und etwas werden.
Jetzt bin ich wie allein auf Erden.
Jetzt will ich mich leiden und mich genießen,
und will gar nicht weiter schaun nach Dir.
Ich weiß, daß wir nebeneinander fließen,
und nicht einmal unser Kind wird wir.

Sie schwieg. Und dichter war das Dämmergrau,
und beide dachten dunkel, Mann und Frau:

daß jetzt viel mehr Einsame sind.
Aber die Welt wird dadurch weiter,
wenn ein Zweiter
nicht gleich nebenan beginnt.
Zu Großmutters Zeiten
war sie noch lang nicht so groß.
Da glaubten die Frauen Naheverwandte
zu gebären aus ihrem Schooß;
aber es sind doch unbekannte
Kinder, fremd und namenlos...
Für uns rückt das Bestimmte hinaus,
welches ihnen Freude gewährte,
und wir nehmen das Nieerklärte
wie das Allernächste ins Haus.

(1901)

Liebe Grüße von Michaela :lol: [/i]
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