Hallo, ich schon wieder!

Diesmal mit meiner Interpretation der Spanischen Tänzerin - falls es noch jemanden interessiert, ist ja schon viel drüber geschrieben worden.
Im ersten Abschnitt häufen sich Alliterationen, Zäsur, Enjambement und dazu ein unklares Reimschema. Außerdem ist die Betonung unklar, wobei ich bei V. 2, 3 und 18 jeweils davon ausgehe, dass hier ein Daktylus mit anschließendem 4-hebigen Trochäus vorliegt, jedenfalls bei V.2 und 18.
V. 3 wird aber betont "
Naher Be
schauer
hastig,
hell und
heiß" - und Beschauer beginnt eindeutig unbetont. Vielleicht handelt es sich daher lediglich um eine
belebende Abweichung?!
Jedenfalls ist in diesem Abschnitt der Beginn des feurigen Tanzes, der ja auch den Kampf eines Torreros mit einem Stier darstellt (daher ist die Farbe des Kleides oft auch leuchtendrot), beschrieben und wie die Tänzerin sich immer mehr , immer ekstatischer, schneller und rhythmischer bewegt.
Mit V. 6, der abgespalten von allen anderen Versen steht, sind Tanz und Tänzerin eins geworden. Der Rhythmus ist eins, die Bewegungen sind eins mit der Musik und dem Stakkato der Füße.
Der Flamencotanz beginnt auch oft auf der Stelle, nur die Füße und die Bewegungen des Rocks geben das feurige Gefühl wieder. Die Tänzerin dreht sich vielleicht auf der Stelle, "ihr runder Tanz beginnt sich zuckend auszubreiten". Doch sie macht noch keine raumgreifenden Schritte. Erst mit der Zeit kommt immer mehr Bewegung dazu, die Tänzerin wirft vielleicht den Kopf hoch, beginnt eine ausgreifende und schnelle Bewegung, bei der das Kleid sich um sie dreht "ihr ganzes Kleid in diese Feuersbrunst" und aus der Drehung heraus erheben sich ihre Arme in schlangenartigen Bewegungen. Gleichzeitig spielt sie auf Kastagnetten, die das klappern und die Assoziation mit der Schlange erklären würden. Die Tänzerin ist so vom Rhythmus der Musik und von ihrem Tanz gefangen, dass sie in Ekstase zu geraten droht.
Doch bevor dies geschieht "befreit" sie sich davon, sie "wirft es ab sehr herrisch, mit hochmütiger Gebärde". Darin sehe ich als Flamencotänzerin das Aufstampfen der Füße mit anschließender Ruhe, wonach man in starker Anspannung steht und wartet, was da kommt. Der Zuschauer erwartet, dass etwas kommt, dass der Tanz weitergeht, er ist ergriffen vom Rhythmus, doch die Ekstase ist vorbei, alles ist geordnet wie auch das Reimschema beweist: V.7-11 Paarreim, V. 12-15 auch Paarreim und zum Abschluss Kreuzreim. Die Musik spielt weiterhin, "ergiebt sich nicht", doch die Tänzerin weiß, dass sie den Tanz (oder der Torrero den Stier) besiegt hat, sie stampft mit vielen schnellen und kleinen Schritten den letzten Widerstand aus, und auf ihrem Gesicht hat sich ein Siegerlächeln ausgebreitet. Auch Zustand nach unheimlicher Anspannung wenn man weiß, dass das, was man gerade geleistet hat, gut war.
Die Zäsuren, die vor allem im letzten Abschnitt mehrfach auftauchen, z.B. V.12 und 15, bauen Spannung auf. Die Alliteration in V. 17 "
sieghaft,
sicher unt mit einem
süßen..." verdeutlicht den Sieg der Tänzerin über den Tanz. Hier auch noch mal ein Enjambement, das m.E. ebenfalls ihre Überlegenheit demonstriert.
Was den Vergleich und den späteren Übergang in die Metapher der Flamme angeht: Ich glaube, das dieser Vergleich sehr zutreffend gewählt ist. Eine gute Flamencotänzerin kann allein mit ihrer Mimik und exakten Bewegungen ihrer Arme eine Spannung auslösen, dass es wie bei einem Feuer in ihrer Umgebung "knistert". Wenn sie in ihrem Tanz ergriffen von der Musik ist, ihre Füße immer schneller auf den Boden hämmern, dann vergisst sie um sich herum die Zuschauer und merkt nur noch den Tanz. Wie eine Flamme, die man mit einem "Schwefelzündholz" anzündet und die sich langsam nährt und größer wird. Die Kontrolle über diese Flamme zu bewahren scheint dem Zuschauer oft nicht möglich - und doch, die Flamencotänzerin schafft es mit überheblichem Blick, denn sie weiß dass sie es kann.
Was haltet Ihr davon?
Noch eine Frage: Habt Ihr eine Erklärung warum in diesem Gedicht so viele "und" benutzt werden? Soll das einfach nur binden, aus den einzelnen Abschnitten ein Ganzes machen? Gibt es dafür eine Bezeichnung im Zusammenhang mit der Metrik?
Übrigens sprach ich die ganze Zeit von Abschnitten, denn ich glaube nicht, dass es sich hier noch um Strophen handelt. Strophen sind in der Regel ja gleichlang. Hier aber ist eigentlich jeder Abschnitt anders. V. 6 steht sogar ganz allein da, würde aber vom Reim her zum nächsten Abschnitt gehören. Oder was meint Ihr?
Ich bin wie immer über jede Kritik oder Idee glücklich, denn am 11.2. muss ich drei von meinen ausgesuchten zehn Gedichten in der Magisterklausur interpretieren. Bis dahin sammel ich jede Idee, die ich verwerten kann. Danke!
Viele Grüße vom