Suche "Hohe Blumen, steile Gräser..."

Rilke-Texte gesucht und gefunden

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Ylva

Suche "Hohe Blumen, steile Gräser..."

Beitrag von Ylva »

Hallo,

ich suche schon ganz verzweifelt nach einem Gedicht . Da ich denke es könnte von Rilke sein - vielleicht kann mir hier jemand weiterhelfen ?

Den Anfang weiss ich noch:
Hohe Blumen, steile Gräser
Zittern leis im frühlingstrunknem Duft.
Dämmernd schimmern Apfelblüten
In der hohen Abendluft...
Wie es weitergeht, weiss ich leider nicht mehr :cry:

Ylva
Barbara
Beiträge: 484
Registriert: 30. Dez 2003, 17:54
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Beitrag von Barbara »

Liebe Ylva,

endlich komme ich dazu - nach einigem Suchen -, zu antworten. Das Gedicht ist nicht von R.M. Rilke sondern von seinem Freund Heinrich Vogeler . Er hat es in einem kleinen Büchlein mit eigenen Gedichten und Federzeichnungen mit dem Titel "Dir" herausgebracht . 1899 erschienen in einer sofort vergriffenen Erstausgabe wurden vom Insel Verlag bis 1922 8000 Exemplaren verlegt.

Das gesuchte Gedicht geht folgendermassen weiter:

"... Golden kriecht die letzte Sonne
Durch das wirre Baumgeäst
Küsst zur Nacht die kleinen Blüthen,
Küsst das kleine Finkennest."


Über diesem Gedicht ist ein Fink zu sehen, der auf einem Apfelblütenast sitzt . Unter dem Gedicht ist ebenfalls eine Apfelblüte gezeichnet von Heinrich Vogeler .

Allerdings bedauerte Vogeler später oft die Beliebtheit dieses Büchleins, da sich sein Stil und seine Auffassung grundlegend verändert hatten.

Liebe Grüße von Barbara :lol:
Ylva

Beitrag von Ylva »

Hallo,

Danke! Mir gefällt das Gedicht sehr gut !

Kennst Du auch noch andere Gedichte von Heinrich Vogeler ?

Liebe Grüße von Ylva :lol:
Inge

Beitrag von Inge »

Hallo,

... hier noch ein Gedicht von Heinrich Vogeler:


Langsam strich ich durch den alten Garten,
Wo bemooste Apfelbäume starrten
Mit den krummen Knochenarmen
In die hohe Abendluft;
Wo im erdgen Bodenduft
Kleine weisse Glockenblumen
Auf den Gruss der Sonne warten.


und noch eines:


Schwarzes nächtiges Thal, lichterbesät,
Der Nachtigall lockendes Schlagen,
Ein Suchen, ein Finden,
Ein Schmiegen, ein Pressen,
Weich legt sich Dein zitternder Arm
Um meinen gebeugten Nacken.


Liebe Grüße von Inge :lol:
Ylva

"Dir"

Beitrag von Ylva »

Und was sagt Rilke zu "Dir" ?
Inge

Beitrag von Inge »

Rainer Maria Rilke: Für Heinrich Vogeler
Zu seinem Buch "Dir"


Meine Hände gingen voran,
es folgten meine Blicke dann
ihnen durch das Buch,
und waren schon die Hände leis:
die Augen, in der Furcht des Mai`s,
gingen in einem großen Kreis
um einen jeden Spruch.

Und als es wieder leise war
im Buch, nach ihrem Gehn,-
ließ mein Gefühl sich wunderbar
allein den Weg geschehn.
Ging mitten durch das Blütenlos
und wurde klein und wurde groß,
je nach dem Raum im Reim;
und sehnte sanft sich heim,
als ihm der Tod im Boote sang,
und wurde bei der Weide bang,
der von dem hängenden Behang
das Leben lautlos rinnt.
Und ging dann still den Händen nach
zum Hause mit dem roten Dach,
darin das Leben tausendfach
und neu beginnt ..."

Geschrieben in Berlin-Schmargendorf, 20. November 1899

Liebe Grüße von Inge :lol:
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