gestern Abend bin ich auf eine sehr berührende Weise auf ein Gedicht aufmerksam geworden, das ich euch hier vorstellen will, ohne es zunächst zu befragen oder gar zu interpretieren, zumal es aus sich selbst verstehbar ist.
Die Situation: Ich hatte gerade das zweite Terzett aus Bachs Motette BWV 227 (Text nach Röm. 8;10) gehört und mich dann mit Lilaloufantine vor den Kaminofen gesetzt, Rilkes Gedichte (und eines der hier genannten Bücher) neben mir. Die Buchenscheite loderten in farbwechselnden Flammen auf, und nach einer Stille griff ich zu dem kleinen fein geschnitzten ägyptischen Brieföffner aus Kamelknochen, mit dem ich manchmal wie die Lotteriefee eine („Zufalls-“?) Stelle in einem Buch aufsuche, um Lilaloufantine etwas vorzulesen.
Dies war der gestrige Fund (aus: „Aus dem Nachlass des Grafen C. W. – ein Gedichtkreis“); der wird uns in der vorösterlichen Zeit begleiten:
- Was nun wieder aus den reinen Scheiten
im Kamine leidenschaftlich flammt,
das war Juli, war August vor Zeiten –,
oh, wie war es innig ein-gestammt
in das Holz, aus dem es lodernd bricht!
Wär auch uns der Sommer eingeflößter,
unser Sommer, wenn er als ein größter
Tag entwölkte unser Angesicht.
Auferstehung, nannten sie’s, vom Tode –
Ja, das mag ein solches Flammen sein;
denn der Tod war nie der Antipode
dessen, was sich hier dem Schein
dieser Sonne gab und ihn begehrte –.
Das zum Troste reife Herz erkennts:
Totsein ist: das in uns umgekehrte
Brennen unsres Tempraments.
lilaloufan