Vertrauend auf Durs Grünbeins "Jedes Wort hat seine Auftrittszeit", hier wieder ein
Wort zum Sonntag von mir
Bei dem Wort "erfand" an besagter Stelle war mir der richtige Augenblick des Auftauchens nicht so klar. Aber da scheint die Essay-Wirkung zum Tragen
gekommen zu sein - herzliches Dankeschön, stilz, für diesen Beitrag! - Mir gehts nach dem Lesen von allem aber immer noch ein bißchen wie dem
Wiesel auf dem Kiesel inmitten Bachgeriesel, kann mich einem Verständnis von Rilkes "Erfinden" und "Erfüllen" an dieser Stelle erstmal nur intuitiv nähern.
Also: wenn einen die Mutter "ausgetragen" hat, ist der Vater dran, und wenn der einen fallen läßt, ist man halt mutterseelenallein
Es könnte durchaus sein, daß vom verlassenen Levi(nachkomme) eine Gott-Vater-Figur erfunden werden muß, in dem er wieder ein Zuhause findet. Und wo könnte das Leviten-Ich besser aufgehoben sein als im
Wort an sich, das ja Gott sein soll:
Johannes 1.
Das ewige Wort ward Fleisch:
1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
2 Dasselbe war im Anfang bei Gott
3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
Es läßt den letzten Worten »Eli! Eli! lama sabachthani!« also neue, eigene folgen – Anfang, Umbruch also: endlich von Worten Gebrauch machen im Sinne von MALTEs
Ach so: Ist es möglich, zu glauben, man könne einen Gott haben, ohne ihn zu gebrauchen?
Gott ein sprachliches Meer, aus dem Sinnliches (Klang, Form, Wortsinn) auftaucht, der das Ich in Wellen (einem Wortschwall) überkommt, aber insgesamt mehr harmonisches Geschaukel und weniger beunruhigend ist, wegen dem Gottvertrauen darein, daß
es (!) wiederkommen wird. Da taucht jetzt ein neues Sinnbild zu anderen Fragen von Boris auf
(Hoffentlich entwickle ich jetzt keinen Tunnelblick, aber hier bin ich nun wirklich in meinem Element, wo es schon mal zu Tiefenräuschen kommen kann
) -:
"Es ist nichts andres. Nur ein Meer,
aus dem die Länder manchmal steigen.
Es ist nichts andres denn ein Schweigen
Von schönen Engeln und von Geigen
Und der Verschwiegene ist der,
zu dem sich alle Dinge neigen
von seiner Stärke Strahlen schwer."
Hier fühle ich mich nun aus dem Steigen und Fallen des anderen Höhen-und-Tiefen-Bildes in einen Gezeitenwechsel getragen -
Es ist nichts anderes betrachte ich nun als einzigartigen Schöpfungsakt. Eine klingende Bilderflut (Seelenlandschaft mit
schönen Engeln und Geigen) erhebt sich zu bestimmten Zeiten aus einem Meer von Worten (Gott ist das Wort) und ebbt wieder ab ins Schweigen. Und der Verschwiegene wäre der Gott, von dem die schon bestehenden Dinge oder Worte ihre Sinnerfüllung haben - ihre Vollkommenheit oder gottdurchtränkte Strahlkraft durch Worte eben. Insgesamt entsteht ein Sinnbild für Schöpfung, sogar innerhalb eines geregelten Zeitablaufs.
Damit driften wir allerdings ins Mittelalter ab, in die Tradition der Stundengebete (Stundenbuch = Horarium;
spätlat.:
horarium = Uhr) das führte, glaube ich, hier zu weit und das wird Boris sicher alles wissen.
Und dann kam da noch ein anderes Bild (und das muß das letzte für heute sein
): Ich hatte als Kind eine Kuckucksuhr, die ich nachts um der Stille willen immer angehalten habe - aber dieses spannungsgeladene rhythmisch-leere Geticke bevor dann endlich der klang-volle Vogel die volle Stunde verkündete und zugleich auch in die leere Stunde zurück trat ....
Nun erklingt für mich aus den Gebeten bzw. der Form des
Stundenbuchs ein hin- und herpendelndes Dichter-Ich gegen ein nach unten ziehendes Gewicht, das aus dem Dunkel heraus Zugang zu diesem ewigen Augenblick herbeisehnt, in dem es dann das Besondere, das Du (Gott) in schönen Klängen verkünden kann. Das erinnert natürlich auch an das Bild vom (schöpferischen)
vollen Kind und (dienenden)
leeren Hund und hieße: Im kindlichen Gottvertrauen zeigt sich schließlich die Fülle der Liebe Gottes auf eine bestimmte Art.
Und zum Abschluß darf noch geraten werden, von wem das Bild
Die Stundentür und / ihre Geräusche stammt
Sonntägliche Grüße
sedna