Lieber Christoph,
wie schön, daß Du nun doch nicht „trotzig auf cristina84 warten“ willst!
Zuerst zu Deiner dritten Frage:
Ja, in meinem Band sind es auch wirklich
zwei Gedichte, das erste heißt „EIN PROPHET“, das zweite „JEREMIA“. Wie kommst Du darauf, daß es ein einziges sein könnte?
Die Stelle
- während seine Stirne, wie des Hundes
Stirne, das zu tragen sucht,
was der Herr von seiner Stirne nimmt:
lese ich so:
Ebenso wie ein Hund zu seinem Herrchen blickt „ein“ Prophet auf zu JHWH, seinem HErrn.
Ein Hund ist vom Wohlwollen „seines“ Menschen, von dessen Willkür, abhängig. Und so versucht seine Stirne (? vielleicht etwa: die "Gedanken", das "Innenleben" des Hundes?), alles zu „tragen“, was sein Herrchen von seiner (des Herrchens) Stirne nimmt und dem Hund auferlegt… (also vielleicht: alles, was hinter der Stirne dieses Herrchens gerade vorgeht, was ihm grad so einfällt an „Dressuraufgaben“ für seinen Hund?)...
Der Begriff "vorauseilender Gehorsam" fällt mir ein: niemand kann "ergrimmter" sein gegen andere als ein hündisch ergebener Diener, der glaubt, seinem Herrn damit einen Gefallen zu tun...
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Im zweiten Gedicht, „Jeremia“, bin ich mir noch nicht wirklich klar darüber, wer denn nun mit „ich“, „du“ und „wir“ gemeint ist. Bist Du (bzw ist jemand von Euch, die Ihr mitlest) da schon zu einem Ergebnis gekommen?
Leider kenne ich mich im Alten Testament nicht besonders gut aus, man müßte wohl mindestens das Buch Jeremia lesen, vielleicht auch noch Saul und König David… denn die beiden Gedichte stehen inmitten von anderen „AT-Gedichten“: vorher „Klage um Jonathan“, „Tröstung des Elia“, „Saul unter den Propheten“, „Samuels Erscheinung vor Saul“, dann eben „Ein Prophet“ und „Jeremia“, und anschließend noch „Eine Sibylle“ (die Hexe von Endor) und „Absaloms Abfall“.
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Die Stelle
- wenn, die wir zerstoßen und zerstören,
erst verloren sind und fernverlaufen
und vergangen sind in der Gefahr:
ergänze ich mir spontan zu «Wenn (erst) [jene], die wir …» - aber solang ich mir nicht klar darüber bin, wer "wir" und wer "jene" sein könnten, hab ich dafür noch keine rechte Begründung...
Lieben Gruß
Ingrid