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"Werkleute sind wir..." und "Kathedralen"

Verfasst: 11. Apr 2004, 17:35
von Barbara
Hallo ins Forum,

Zunächst einmal: Frohe Ostern!

Ich beschäftige mich gerade mit den "Kathedralen" bei Rilke und habe einige Fragen dazu:

In der KA ist als Hintergrundinformation ein Literaturhinweis für den Text aus dem Stundenbuch "Werkleute sind wir..." ein Artikel genannt - KA I Kommentar, S. 751 - aus der FAZ vom 29.11.1975 von Peter Rühmkorf: In unseren Händen hängt der Hammer schwer . R. M. Rilke zum 100. Geburtstag. Leider geht das FAZ Online Archiv aber "nur" bis 1993 . Hat zufällig jemand diesen Artikel noch oder kann mir einen Tipp geben, wo ich ihn - möglichst rasch - bekommen kann ?

Interessieren würde mich auch - vor allem aus architektonischen, kunsthistorischen Gründen -, welche Kathedrale er in diesem Gedicht gemeint haben könnte . Er hat sich in der Entstehungszeit ja viel in Russland aufgehalten . Könnte eine russische Kirche gemeint sein ? Gibt es einen konkreten Anhaltspunkt ?

In den "Neuen Gedichten" gibt es einige Gedichte zu Kathedralen - Chartres, Paris... . Gibt es ausser diesen und dem "Stundenbuch" bei Rilke noch weitere Textstellen zu Kathedralen, zb im "Malte" oder den Briefen... ?

Hat sich Rilkes Gottesbild vom "Stundenbuch" zu den "Neuen Gedichten" in Bezug auf diese Thematik geändert ? Was bedeutet die Kathedrale für sein Gottesverständnis (Gott als Werdendes, personales Du...) ? Was könnte sonst noch interessant sein für eine Interpretation, eine Nebeneinanderstellung dieser Texte... ?

Liebe Grüße , Barbara :lol:

Werkleute sind wir ...

Verfasst: 12. Apr 2004, 10:09
von Renée


Liebe Barbara,

was für eine schöne Osteraufgabe stellst Du uns!
Das Gedicht "Werkleute sind wir ..." ist nach der ersten Reise in Russland entstanden - darin könnte der große Ostereindruck Rilkes im Moskauer Kreml sich spiegeln - von "Kathedralen" ist dann im folgenden Jahr beim Besuch in Kiew die Rede: er sieht die Wladimir-Kathedrale mit dem Höhlenkloster und die Sophienkathedrale und das Michaelskloster. (2./3.Juni 1900)

In seiner Pariser Zeit gewinnt Notre Dame für Rilke große Bedeutung, auch durch die Orgelmusik . Mit Rodin besucht Rilke Chartres (25.Januar 1906); davon schreibt er seiner Frau (s.Chronik, S.233).
In den "Neuen Gedichten" der "L'ange du Méridien" und "Die Kathedrale", auch "Das Portal" u.a. zeugen davon Aber das wirst Du schon gefunden haben.

Soweit für heute - noch einen schönen Ostertag wünscht Renée

P.S. Zu Rilkes Religiosität kann und will ich nichts sagen, das griffe alles zu kurz.

Verfasst: 13. Apr 2004, 07:10
von Paula
Liebe Barbara, lieber Renèe und ein herzliches Hallo ins Forum,

Ich habe mal ein bisschen im Internet gestöbert zum Thema: da ist ja schon ein grosser Unterschied in der Architektur zwischen den byzantinischen Kirchen Russlands und den gotischen Kathedralen Frankreichs. Jede ist auf seine Art wunderbar und sehenswert!

Das Gedicht "L´Ange du Mèridien" von R. M. Rilke gefällt mir ganz besonders - wieviel von Zeit und Unendlichkeit steckt doch da drin. Ich habe den Engel auch im Internet gefunden:

Bild

http://racines.traditions.free.fr/astro ... ros1n6.jpg

Mir kommt es so vor, als ob die Uhr , die nachträglich - im 16. Jahrhundert - eingefügt wurde, die ursprüngliche Anmut des Engels zerstört, zumindest etwas ?! Aber - andererseits: es ist eine Sonnen uhr ... :wink: !?

Eine schöne Seite zu Chartres:

http://www.structurae.de/de/structures/ ... r00270.php

Den Artikel von Peter Rühmkorf habe ich leider nicht gefunden.

Liebe Grüße, Paula :)

Verfasst: 13. Apr 2004, 18:47
von Paul A.
Tja Paula,

ein alter Spruch sagt schon:

"Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heit`ren Stunden nur" :lol:

Eine nette Geschichte dazu und zum Umgang mit der Zeit steht unter:

http://www.kirche-chemnitz.de/andacht.p ... eitrag=878

Wie wohl die Leute in Chartres im Mittelalter mit der Zeit umgingen ? Gerade war ja die mechanische Uhr erfunden worden ... und nun: ein Engel mit Sonnenuhr ?!

Liebe Grüße ins Forum,
Paul A.

Verfasst: 2. Jan 2006, 16:54
von Paula
Hallo,

... das hätte Rilke sicher auch gefallen:

Jahreswende

Im Licht der Sterne streift der Frost
durch Wald und die weißen Wiesen,
indem er lustvoll den Schnee knirschen läßt
und tändelnd die Zweige liebkost.
Und schlendernd, daß er die Tannen bestrickt,
macht er den Schönen den Hof,
worauf er sie mit Atlasschnee schmückt
und prompt auf den Neujahrsweg schickt!
Dann wirft er sich selber in Schale,
wird plötzlich zum jungen Mann
und läuft verwandelt zum nächtlichen Fest-
wen käm da nicht Feierlust an?
Er läuft durch bedrohliche Wälder
mit seltenen Gaben bestückt
und flirtet erneut mit den Zweigen,
und zwinkert den Sternen zurück.
Und Eisstückchen antworten klirrend,
doch eilt er zum Volk hin - na klar:
mit Sekt, mit Musik und mit Prosit
fürs ruhig verflossene Jahr!
Dort ist er gut Freund und mit allen bekannt,
und das Leben beginnt in Wahrheit
voll Überschwang wie von neuer Hand -
mit frostiger Frische und Klarheit.


Nikolaj Rubcov
(1936-1971)

Aus dem Russischen von Hartmut Löffel

© des russischen Textes: Elena Rubcova, St. Petersburg
© der deutschen Übertragung: Hartmut Löffel


Viele Grüße,
Paula :lol:

Verfasst: 3. Jan 2006, 16:50
von Paul A.
Hi, Paula,

schon beim Ostereier suchen :wink: ? Wohl noch etwas früh ?! Ich habe gerade gehört, dass in Murnau 30 cm Neuschnee liegen 8) !

Aber sag mal, wer war dieser Nikolaj Rubcov ?

Paul :lol: