Warum Rilke ? Was macht ihn meisterhaft ?
Verfasst: 28. Apr 2007, 11:27
Hallo die Herren und Damen,
da ich mich durch die Bekanntschaft von RMR mehr als geehrt fuehle, - wir hatten uns in Deutschland, als ich mich nach den Gebirgen einer mir noch nicht vollstaendig ergruendeten Seelenslandschaft umsah, gekannt - sehe ich mich gezwungen, zu den offenen Fragen des Herrn Cord Stellung zu nehmen.
Ich, der ich mich gleichzeitig als Auslaender und Poet verstand, in einer anderen Sprachenssphaere mich bewegend, aus einer ganz anderen Himmelsrichtung kommend, die sich anmass, der Dichtkunst hellsten Stern in einem nie zu erreichenden Glanz ueber alle Poeten erhoben zu haben, fand mich vor dem Rilkschen Gipfel sprachlos. Ich kann mich gut erinnern, dass ich damals mein erstes Gedicht in deutscher Sprache geschrieben hatte ("Wenn der Aussenlaender dichtet", was denn sonst ?) und nach deutschen Dichtern, mit denen ich mich messen koennte, mich umsah. Mir gefielen die der Gegenwart meistens nicht, weil ihnen der innere Klang der Sprache entglitten schien : Die, die ich damals las, schrieben Gedichte ohne Rhytmus und manchmal auch ohne Reim. Ich musste also woanders suchen als in dieser traurigen Gegenwart. Da ich mich vor allem fuer das "romantische" (d.h. das von der Liebe handelnde) in einem Gedicht interessierte (das, was Herr Cord "traurig" nennt), ging ich also durch "Goethe","Heine", "Moerike" , "Novalis" (bis zum zweiten Weltkrieg hin) ueber.
Irgendwann kam mir dann ein - mir bis dahin unbekannter Poet - zur Hand. Ich fing an zu lesen und stoss sofort an das Stundenbuch.
Wenn ich mich recht besinne , konnte ich meine Feder erst fuenf Jahre danach wieder richtig schwingen !
Was Rilke schrieb hatte fuer mich folgende, noch nie gesehene, wichtige Eigenschaften :
1. Die Vollendung eines jeden Bildes. Kein Bild scheint bei Rilke offene Konturen zu lassen, keine Betonung eines weiteren Pinselstriches beduerftig. Das nennt er selbst (in seinem Aufsatz ueber Rodin) die Geschlossenheit eines jeden wahren Kunstwerkes (die nicht unbedingt mit den klassischen Kriterien der Schoenheit identisch ist).
2. Seine Bilder scheinen immer durch das Licht einer wirklichen, tiefen menschlichen Erfahrung erleuchtet zu sein. Das Gegenteil also von "Gefaelligkeit". Ich las da einen durch und durch aufrichtigen Poeten.
3. Seine Themen liessen mir keinen Zweifel daran, was das Ziel seiner Poesie und seines Lebens war : Er wollte durch seine Kunst eine ganze, ungeteilte Wahrheit erreichen und scheute sich deswegen nicht vor den "heiklen" Fragen seiner Gesellschaft. Hatte die seine ihren Glauben an Gott zum Beispiel verloren, wollte er seinen eigenen Gottesbegriff erfinden, den er sehr notwendig fuer seine Existenz als Mensch und Poet empfand.
4. Somit scheint mir das Ziel seiner Kunst sehr hochgestellt zu sein und identisch mit dem was man von ihr erwarten sollte. Die Kunst ist naemlich, so wie die Wissenschaft, ein Mittel der Wahrheitsfindung. Statt dass sie sich allerdings mit den aeusseren Gesetzen der Welt beschaeftigt, findet sie die vorbestimmten Wege immer im tiefsten Inneren unserer Selbst.
RMRs Leben war ein einziges Streben nach dieser einen Wahrheit, die er mit dem Einen Gott stets verbunden hatte. Er liess keine Zweifel daran , was seine Berufung ist, und lebte, von allen Zerstreuungen abgeschirmt, in seinem Muzot als Asket und Apostel der Kunst, wie eine wilde Blume, dessen Schoenheit nicht minder wird, weil sie kein Menschenauge sieht.
Sie existiert ! Das ergibt fuer sich alleine einen Sinn und ist Welt und Herrlichkeit !
Wie hoch, wie nobel, wie kuenstlerich dies alles sein kann, liest man in seinem Malte nach, der mit Sicherheit eines der besten poetischen Werke aller Zeiten darstellt.
Seitdem ich ihn lese, habe ich - zumindest als Dichter - folgendes dazugewonnen : Die Gewissheit, dass die wirklich gute oder wahre Kunst nicht die ist, die sich laut unserer Vernehmlichkeit darbietet.
Vielleicht erreicht uns ein leiser Ton mehr, weil er aus den unergruendbaren Tiefen unserer Seele hochkommt, sich seine ganze Zeit lassend, aber in heller Gewissheit im blauen Horizont unseres Wesens brennt.
Gruss
da ich mich durch die Bekanntschaft von RMR mehr als geehrt fuehle, - wir hatten uns in Deutschland, als ich mich nach den Gebirgen einer mir noch nicht vollstaendig ergruendeten Seelenslandschaft umsah, gekannt - sehe ich mich gezwungen, zu den offenen Fragen des Herrn Cord Stellung zu nehmen.
Ich, der ich mich gleichzeitig als Auslaender und Poet verstand, in einer anderen Sprachenssphaere mich bewegend, aus einer ganz anderen Himmelsrichtung kommend, die sich anmass, der Dichtkunst hellsten Stern in einem nie zu erreichenden Glanz ueber alle Poeten erhoben zu haben, fand mich vor dem Rilkschen Gipfel sprachlos. Ich kann mich gut erinnern, dass ich damals mein erstes Gedicht in deutscher Sprache geschrieben hatte ("Wenn der Aussenlaender dichtet", was denn sonst ?) und nach deutschen Dichtern, mit denen ich mich messen koennte, mich umsah. Mir gefielen die der Gegenwart meistens nicht, weil ihnen der innere Klang der Sprache entglitten schien : Die, die ich damals las, schrieben Gedichte ohne Rhytmus und manchmal auch ohne Reim. Ich musste also woanders suchen als in dieser traurigen Gegenwart. Da ich mich vor allem fuer das "romantische" (d.h. das von der Liebe handelnde) in einem Gedicht interessierte (das, was Herr Cord "traurig" nennt), ging ich also durch "Goethe","Heine", "Moerike" , "Novalis" (bis zum zweiten Weltkrieg hin) ueber.
Irgendwann kam mir dann ein - mir bis dahin unbekannter Poet - zur Hand. Ich fing an zu lesen und stoss sofort an das Stundenbuch.
Wenn ich mich recht besinne , konnte ich meine Feder erst fuenf Jahre danach wieder richtig schwingen !
Was Rilke schrieb hatte fuer mich folgende, noch nie gesehene, wichtige Eigenschaften :
1. Die Vollendung eines jeden Bildes. Kein Bild scheint bei Rilke offene Konturen zu lassen, keine Betonung eines weiteren Pinselstriches beduerftig. Das nennt er selbst (in seinem Aufsatz ueber Rodin) die Geschlossenheit eines jeden wahren Kunstwerkes (die nicht unbedingt mit den klassischen Kriterien der Schoenheit identisch ist).
2. Seine Bilder scheinen immer durch das Licht einer wirklichen, tiefen menschlichen Erfahrung erleuchtet zu sein. Das Gegenteil also von "Gefaelligkeit". Ich las da einen durch und durch aufrichtigen Poeten.
3. Seine Themen liessen mir keinen Zweifel daran, was das Ziel seiner Poesie und seines Lebens war : Er wollte durch seine Kunst eine ganze, ungeteilte Wahrheit erreichen und scheute sich deswegen nicht vor den "heiklen" Fragen seiner Gesellschaft. Hatte die seine ihren Glauben an Gott zum Beispiel verloren, wollte er seinen eigenen Gottesbegriff erfinden, den er sehr notwendig fuer seine Existenz als Mensch und Poet empfand.
4. Somit scheint mir das Ziel seiner Kunst sehr hochgestellt zu sein und identisch mit dem was man von ihr erwarten sollte. Die Kunst ist naemlich, so wie die Wissenschaft, ein Mittel der Wahrheitsfindung. Statt dass sie sich allerdings mit den aeusseren Gesetzen der Welt beschaeftigt, findet sie die vorbestimmten Wege immer im tiefsten Inneren unserer Selbst.
RMRs Leben war ein einziges Streben nach dieser einen Wahrheit, die er mit dem Einen Gott stets verbunden hatte. Er liess keine Zweifel daran , was seine Berufung ist, und lebte, von allen Zerstreuungen abgeschirmt, in seinem Muzot als Asket und Apostel der Kunst, wie eine wilde Blume, dessen Schoenheit nicht minder wird, weil sie kein Menschenauge sieht.
Sie existiert ! Das ergibt fuer sich alleine einen Sinn und ist Welt und Herrlichkeit !
Wie hoch, wie nobel, wie kuenstlerich dies alles sein kann, liest man in seinem Malte nach, der mit Sicherheit eines der besten poetischen Werke aller Zeiten darstellt.
Seitdem ich ihn lese, habe ich - zumindest als Dichter - folgendes dazugewonnen : Die Gewissheit, dass die wirklich gute oder wahre Kunst nicht die ist, die sich laut unserer Vernehmlichkeit darbietet.
Vielleicht erreicht uns ein leiser Ton mehr, weil er aus den unergruendbaren Tiefen unserer Seele hochkommt, sich seine ganze Zeit lassend, aber in heller Gewissheit im blauen Horizont unseres Wesens brennt.
Gruss