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Rilke allgemein

Verfasst: 15. Nov 2006, 13:42
von manu
Hallo zusammen,
ich habe mir gerade einige Posts angesehen und sie sind teilweise richtig richtig gut.

Jedoch habe ich mir einige Frage gestellt.
Gibt es denn ein Gedicht von Rilke, bei dem sofort klar ist, was gemeint ist?
Das klingt etwas naiv, ich gebe es zu, aber dennoch würde ich gerne wissen, ob die Gedichte Rilkes denn überhaupt einen exemplarischen Charakter haben?
Also, ich sehe den Zusammenhang, dass er z.B. in "Der Schwan" oder "Der Panther" einerseits die Wirklichkeit (das jeweilige Tier) und andererseits eine weitere Ebene (das menschliche Dasein) beschreibt. Dennoch: gibt es einen wirklich historischen Bezug? Ich sehe einen Bezug nur in "Der Knabe" - den Bezug zum Krieg.
Wie sieht es mit den anderen Gedichten aus?

Und was hat das ganze mit Kierkegaard zu tun?

War Rilke bekennender Atheist oder nicht?
Also, man kann es an einigen Stellen sehr deutlich festmachen, aber teilweise erscheint es ja wohl aus so, als wäre er mit Gott im Reinen (vgl. "Herbsttag").

Und wie sieht es bei den "Flamingos" aus?
Kann man darin evtl. auch einen Bezug zur Gedichtform herstellen??? Das mag weit hergeholt klingen, aber dennoch: die Hälse der Flamingos haben eine S-Form - "S" ist einerseits der Anfangsbuchstabe des Wortes Sonett und andererseits spiegelt es auch gleichzeitig die inhaltlichen Ausformungen des Sonetts wieder (Anfang und Ende beziehen sich auf Umwegen aufeinander, etc.)

Grüße
Manu

Verfasst: 15. Nov 2006, 15:44
von stilz
Hallo manu,

ich möchte zunächst mal auf ein paar konkrete Punkte reagieren:

Erstens:
Du schreibst, in "Der Knabe" siehst Du einen Bezug zum Krieg - ich gebe zu, das scheint zunächst naheliegend, aber ich möchte Dich darauf aufmerksam machen, daß e.u. in
http://rilke.de/phpboard/viewtopic.php? ... f3ad1b9ac6
sagt, inzwischen wüßte man, daß Rilke bei diesem Gedicht an einen Feuerwehrwagen gedacht hätte...

Zweitens:
An welchen Stellen ist Deiner Meinung nach "deutlich festzumachen", daß Rilke "Atheist" gewesen sein könnte?
Ich sehe ihn viel eher als "mit Gott im Reinen"... allerdings heißt das nicht automatisch, daß er sich zu irgendeiner bestimmten Religion bekannt hat... vielleicht möchtest Du dazu unsere Diskussion unter
http://rilke.de/phpboard/viewtopic.php? ... er+dichter lesen.

Und noch drittens:
Der "Panther" und die anderen von Dir genannten Gedichte sind sogenannte "Ding-Gedichte", und Du wirst teilweise vehementen Widerspruch zu Deiner Ansicht finden, Rilke beschreibe darin "einerseits die Wirklichkeit (das jeweilige Tier) und andererseits eine weitere Ebene (das menschliche Dasein)"...
Deine Frage "Gibt es denn ein Gedicht von Rilke, bei dem sofort klar ist, was gemeint ist?" finde ich nicht naiv, sondern sehr verständlich... und darauf müßte die Antwort wohl heißen: ja, es gibt solche Gedichte, das sind gerade die Ding-Gedichte, die beschreiben das entsprechende Ding und sonst gar nichts.
Dennoch finde ich persönlich auch in den Ding-Gedichten eine weitere Ebene mit enthalten - aber das ist ein immer wieder kontrovers diskutiertes Thema: die Experten scheinen sich einig zu sein, Menschen, die (wie ich und vielleicht auch Du) ohne "Expertenhintergrund" zu Rilke gefunden haben, sehen es zunächst meist ein bisserl anders... und auch dazu kannst Du hier schon sehr viel lesen, wenn Du in der Suchfunktion "Ding-Gedicht" eingibst.

Deine Idee, bei den "Flamingos" einen Bezug zur Form des Gedichtes herzustellen, hab ich so noch nie gehört, finde ich aber sehr interessant!


Zu Kierkegaard weiß ich leider viel zuwenig (außer, daß Rilke ihn gelesen hat, und daß es mir schon eine starke Verwandtschaft im "Weltbild" zu geben scheint, gerade auch was "mit Gott, aber nicht automatisch auch mit der Institution Kirche im Reinen" betrifft).
Es würde mich sehr interessieren, was Dich denn dazu veranlaßt hat, gerade diese Frage "Und was hat das ganze mit Kierkegaard zu tun?" zu stellen!



Lieben Gruß

stilz