Liebe Henry Lou,
danke für die rechtlichen Klarstellungen - aber so etwas hatte ich gar nicht gemeint.
Hab ich doch, ach! Juristerei / selbst einst studiert, mit --- naja, vielleicht mit nicht ganz so heißem Bemüh'n (heiße Magister; heiße Doktor nicht)
Mir ist bewußt, daß es, um
meine "Schöpfungen"
zu schützen, genügen würde, "© Urheber" hinzuschreiben. Aber mir geht es hier ja gar nicht um die Rechte an
meiner Übersetzung; ich hatte ursprünglich in meinen "in lieu of a copyright"-Zusätzen nicht nur meine Initialen, sondern meinen vollen Namen stehen und bin davon wieder abgekommen, um den Leser nicht auf diese falsche Spur zu bringen: denn
das ist mir, im Moment jedenfalls, ganz egal; ich mach das wirklich nur, um Rilke auch für Englischsprachige zugänglich zu machen - und immer nur auf konkrete Anfrage.
Mir geht es vielmehr darum, daß Rilke auch 70 Jahre nach seinem Tod
Rilke bleiben darf, daß man ihm nicht alles und jedes "unterschieben" darf - wie es ja leider immer wieder geschieht, nicht nur in Übersetzungen, sondern auch in aus dem Zusammenhang gerissenen und kurzerhand umformulierten Zitaten, denen man leider immer häufiger begegnet... (ich denke zum Beispiel an
so etwas) - - -
Henry Lou hat geschrieben:
Aber was habe ich Dir da außerdem für ein Bild verkauft! (Denn mehr war es nicht) Ich muß das zurück stellen, liebe stilz, es ist ein Mißverständnis. Tut mir leid, es entspricht weder meiner Eignung, noch war es meine Absicht „einen "Standard" zu setzen“ – wo finge da die Reise an, wo ginge sie hin ? Daß ich das Schicksal einer Werkverbindung von manch einem Werk, das den Namen verdient, in Zukunft gern auf unbegrenzte Zeit abgewendet sähe, ist mein unausgereifter Herzenswunsch; das hat mit wachsenden Disharmonien in der Kunst zu tun, die ich bald nicht mehr hören kann!
O nein, kein Mißverständnis. Keine Sorge.
Ich weiß, daß es nicht Deine erklärte Absicht war, einen "Standard" zu setzen. Das wäre ja auch für
mich ein Ziel, das noch in weiter Ferne liegt.
Aber was Dich (und sicherlich nicht nur Dich) in meinen Augen für eine solche Diskussion "geeignet" macht, das ist ganz einfach das, was Du als Deinen "unausgereiften Herzenswunsch" bezeichnest. Der auch der meine ist.
Ich bin wirklich keine Literaturexpertin. Aber auch mir tut es immer wieder weh, wenn ich Werken, denen ich mich nahe fühle, in Zusammenhängen begegne, die sich für mich wie "Mißbrauch" anfühlen.
Dabei geht es keineswegs immer um Rilke, oder auch nur um Gedichte. Sondern zum Beispiel auch um so manche Auswüchse des "Regietheaters"...
Übrigens steht im (deutschen) §3 UrhG nach dem von Dir zitierten Satz noch:
"(2) Die nur unwesentliche Bearbeitung eines nicht geschützten Werkes der Musik wird nicht als selbständiges Werk geschützt."
Ja - und da liegt schon ein Problem: wann ist eine Bearbeitung "unwesentlich"? Und wie kommt der Schöpfer des ursprünglichen Werkes dazu, sich eine solch "unwesentliche Bearbeitung" dann selber zurechnen zu lassen?
Bei uns in Österreich ist es übrigens der §5 UrhG, da lautet der erste Absatz ganz ähnlich, der zweite ist aber doch anders:
" (1) Übersetzungen und andere Bearbeitungen werden, soweit sie eine eigentümliche geistige Schöpfung des Bearbeiters sind, unbeschadet des am bearbeiteten Werke bestehenden Urheberrechtes, wie Originalwerke geschützt.
(2) Die Benutzung eines Werkes bei der Schaffung eines anderen macht dieses nicht zur Bearbeitung, wenn es im Vergleich zu dem benutzten Werke ein selbständiges neues Werk darstellt."
Worauf es mir allerdings ankommt, das wäre unser §20, Absatz 2:
(1) Der Urheber bestimmt, ob und mit welcher Urheberbezeichnung das Werk zu versehen ist.
(2) Eine Bearbeitung darf mit der Urheberbezeichnung nicht auf eine Art versehen werden, die der Bearbeitung den Anschein eines Originalwerkes gibt. ...
Wie ich es verstehe, läuft auch dieses Recht 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers ab. Das begreife ich nicht, und das finde ich auch nicht richtig.
Denn ich hätte ja gar nichts dagegen, daß Rilkes Gedichte oder
Händels Musik für "Rilke- bzw Händel-fremde Zwecke" verwendet werden - unter der Voraussetzung, daß das ausdrücklich so deklariert wird:
"Meine Damen und Herren, ich erzähle Ihnen jetzt eine selbsterfundene Geschichte, für die ich auf Inspirationen von ... zurückgreife. Erleben Sie die von mir beförderte Metamorphose der Schöpfungen großer Meister..." - und im Programmheft steht das Gedicht in Originalgestalt...
Über
so etwas, meine ich, ließe sich diskutieren. Wenn wir uns ein wenig näher mit unseren "unausgereiften Herzenswünschen" beschäftigen, können sie vielleicht ausreifen und schließlich zu Klarheit führen, wie wir selber uns in solchen Fällen verhalten wollen. Und - so meine Vision - wenn immer mehr Menschen sich aus eigenem Herzensbedürfnis an die sich daraus ergebenden "Richtlinien" halten, dann würden sie schon allein dadurch eine Art "Standard" setzen, wie man anständigerweise mit "gemeinfreien" Werken umgeht...
Das ist vielleicht ein wenig naiv gedacht. Aber das
ist nunmal so, wenn etwas als "Herzenswunsch" beginnt...
Herz-lichen Gruß
Ingrid
P.S.: Danke für die
schwarze Ziegenmilch! Unglaublich. Wie gern wüßte ich nun, ob Celan die (1931 erschienenen) "Tagebücher der Frühzeit" tatsächlich gelesen hat...