Interpretation_ die Kathedrale

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

Moderatoren: Thilo, stilz

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Henni
Beiträge: 3
Registriert: 13. Mai 2006, 10:34

Interpretation_ die Kathedrale

Beitrag von Henni »

Hi Leute,
ich hab das forum wegen einer dringenden bitte aufgesucht. und zwar brauch ich unbedingt eine interpretation von rilkes gedicht `Die Kathedrale`. mir würden auch schon ein paar interpretationsansätze reichen. ich such nämlich schon eine reichliche weile...und find einfach nichts zu diesem gedicht :(
Also, ich wär euch echt sehr verbunden....
helle
Beiträge: 343
Registriert: 6. Mai 2005, 11:08
Wohnort: Norddeutsche Tiefebene

Beitrag von helle »

Es gibt Wörter, die keiner mag, auf dieses Forum gesehen, zählt für mich "dringend" oder noch schlimmer "dringendst" dazu, auch "unbedingt" gehört dazu oder das durchaus respektable Wort "Hilfe" mit etwa fünf iiiis oder einer Handvoll Fragezeichen.

Ich kann mir nicht helfen, das Auftauchen dieser immer wiederkehrenden Erpressungswörter löst bei mir in der Regel Nichtbeachtung aus und das Gefühl, hier herrscht Denkfaulheit, Bequemlichkeit, und Rilke, überhaupt die Beschäftigung mit Dichtung hat das nicht verdient, und man sollte es nicht unterstützen. Wenn Du schreibst, Du hättest schon ganz hübsch nach eine Interpretation gesucht ohne irgendetwas zu finden, dann fällt es mir schwer, Dir das abzukaufen. Den einfachsten Weg, nämlich über die "Suche"-Funktion in diesem Forum zu gehen und den Begriff "Kathedrale" einzugeben, hast Du jedenfalls nicht betreten. Du hättest sonst gesehen, daß 12 Beiträge angezeigt werden, von denen allein drei den Begriff der "Kathedrale" in der Überschrift tragen.

Ich bin sehr für Zusammenarbeit und Hilfestellung hier im Forum, aber diese Art Anfragen ("ein paar Interpretationsansätze würden mir schon reichen") halte ich für wohlfeil und nötigend. Damit bist Du keineswegs allein, was ein schwacher Trost sein mag. Vielleicht kannst Du ruhig etwas mehr Gedankenarbeit investieren, das Gedicht auch mal lesen und und zu verstehen versuchen, die Fragen und Überlegungen kämen, wenn Du es ernst meintest, von ganz allein. Über konkrete und ernstgemeinte Fragen wird sich hier mancher mit Dir unterhalten wollen. Z.B.
helle
Henni
Beiträge: 3
Registriert: 13. Mai 2006, 10:34

Beitrag von Henni »

Wenn das so ist, dann sollte ich mich wohl entschuldigen. es war ganz sicher nicht meine absicht jemanden unter stess zu setzen oder das forum falsch auszunutzen.
jedoch muss ich sagen, dass ich das gedicht sehr wohl schon etliche male gelesen habe...um genau zu sagen...seit letztem montag jeden tag mehrmals. ich verstehe ja den groben inhalt, bloß kann ich mit einigen wörtern überhaupt nichts anfangen...ich war schon in einer biblothek und hab auch schon im internet gesucht, aber überall find ich nur das gedicht, aber nicht mehr dazu! dann hab ich das forum gefunden und dachte mir, mal zu fragen kann ja nicht schaden.....falsch gedacht!
wenn das erlaubt ist, dürfte ich dann ein paar fragen zum inhalt des gedichts stellen?! ich weiß nicht, was mit "Faltenmantel ihres Contreforts" gemeint ist-vielleicht die kathedrale??-ich weiß es eben nicht.das ende verstehe ich auch nicht richtig.es heißt: "Das Leben zögerte im Stundenschlagen,
und in den Türmen, welche voll Entsagen
auf einmal nicht mehr stiegen, war der Tod."
versteht jemand, was damit gemeint ist?
.Sabine.
Beiträge: 114
Registriert: 7. Sep 2005, 22:32
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Beitrag von .Sabine. »

Hallo, Henni,

das mit den Contreforts ist architektonisch zu verstehen, gemeint sind die Strebepfeiler der Kathedrale, vermutlich Chartres. Diese bilden einen Mantel, bzw die Falten eines Mantels um das Kirchenschiff herum.

Sabine :lol:
"Ich lerne sehen.... " (Rainer Maria Rilke)
gliwi
Beiträge: 941
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Beitrag von gliwi »

Na, das mit den Strebepfeilern hatte ich auch gerade herausgekriegt.
Das Gedicht betont den Gegensatz vom Leben unten-außen um die K. herum und der dem Leben entrückten K. Die Türme steigen nach oben zum Himmel, soweit sie können. In ihnen ist der Gegensatz zum Leben unten am stärksten. Ich könnte mir vorstellen, dass deswegen der Tod - als Verneinung des Lebens - in ihnen nistet. Entsagen? Vielleicht müssen sie dem Wunsch entsagen, den Himmel zu erreichen. Gerade in Nordfrankreich - Chartres usw. - hat man ja die Kirchen immer höher zu bauen versucht, bis in Beauvais der Endpunkt erreicht wurde, d.h., man konnte sie gar nicht mehr fertigbauen, sie war zu hoch geplant - die K., nicht die Türme.
Gruß
gliwi
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT
helle
Beiträge: 343
Registriert: 6. Mai 2005, 11:08
Wohnort: Norddeutsche Tiefebene

Beitrag von helle »

Fällt auch mir schwer, das Ende zu verstehen. Ich verstehe es so: so lange die Kathedrale gebaut wurde, solange "Kraft" und "Liebe" in den Bau gesteckt wurden, war das das Leben. Seltsamer Weise geht Rilke nicht von der Befriedigung des vollendeten Werks aus. Eigentlich ist es doch "zum Dauernden bestimmt", nun sollte es mit dem Abschluß der Arbeit gut sein, der Bau losgelöst sein vom Vergänglichen, vom "Zufall" befreit sein und zum "Geschick" bestimmt. Sondern in dem Moment, wo der Turmbau und damit die menschliche Tätigkeit endet, bricht auch was weg, mit dem Stillstand tritt auch der Tod ein.

Wenn ich das richtig verstehe, dann finde ich den Gedanken gar nicht so schlecht, weil er anders ist als das, was man oft von Künstlern hört, daß es nur auf das Werk ankommt, nur das künstlerische Resultat zählt, ohne die Spuren und Mühen der Arbeit darin. Mich erinnert das an den Film von Wim Wenders "Der Himmel über Berlin", wo die Engel ihrer Seligkeit müde werden und gern leiden und hoffen, schwitzen, rauchen und Kaffee trinken wollen wie die Menschen, auch wenn sie mit der Sterblichkeit dafür bezahlen, aber das führt jetzt zu weit. Und es erinnert mich mit dem "zögernden Stundenschlagen" an Schillers "Glocke", wo es heißt:

Dem Schicksal leihe sie [= die Glocke] die Zunge;
Selbst herzlos, ohne Mitgefühl,
Begleite sie mit ihrem Schwunge
Des Lebens wechselvolles Spiel.

Das sind natürlich etwas subjektive Assoziationen.
Gruß
h
.Sabine.
Beiträge: 114
Registriert: 7. Sep 2005, 22:32
Wohnort: Kaiserslautern

Beitrag von .Sabine. »

Hallo,

gestern hatte ich den letzten Teil der Frage ganz übersehen. War auch zu müde, möchte mich jetzt aber doch nochmal in die Diskussion einmischen. Ich beschäftige mich gerade mit Rilkes Lebenseinstellung . Dabei bin ich auch auf die Idee zu diesem Beitrag gekommen, dass Tod nicht unbedingt nur Aufgeben bedeuten muss, negativ gemeint. Es nicht zu Ende bauen können. Es könnte - und meiner Meinung nach, meint Rilke das auch - so viel bedeuten wie: nicht zu Ende bauen brauchen, nicht mehr leisten müssen. Loslassen und sich dadurch befreien können. Architektonisch interessant ist auch, dass manche Türme oben ganz flach sind, während andere mit ihrer Spitze in den Himmel weisen.

"Das Leben zögerte im Stundenschlagen,
und in den Türmen, welche voll Entsagen
auf einmal nicht mehr stiegen, war der Tod"

Was meint Ihr ?

Sabine :lol:
"Ich lerne sehen.... " (Rainer Maria Rilke)
Henni
Beiträge: 3
Registriert: 13. Mai 2006, 10:34

Beitrag von Henni »

Hi ihr,
erstmal wollt ich mich für eure Überlegungen bedanken. Einiges ist mir jetzt klarer geworden. mit dem Tod würde ich mir noch etwas anderse vorstellen. Ich weiß nicht so recht, aber vielleicht soll der " Tod" die Verluste darstellen, welche beim Bau einer solchen riesen Kirche in den Höhen zustande kamen!?! Das ist nur so eine Idee, die mir heute gekommen ist....
Sabine dich wollt ich noch mal fragen, wie deine Überlegung meinst. Ich verstehe nicht ganz ..meinst du der Tod als eine Art Erlösung von der ewigen Bauarbeit an den Türmen?

lg, Henni
.Sabine.
Beiträge: 114
Registriert: 7. Sep 2005, 22:32
Wohnort: Kaiserslautern

Beitrag von .Sabine. »

Hallo, Henni,

Turmbau zu Babel ?! Manchmal liegt die Kunst gerade im ganz Einfachen und Schlichten, im Weglassen können. Der Kern, das Eigentliche wird dadurch deutlicher erkennbar... Und: am Ende steht immer der Tod und dieses unabhängig von unseren Leistungen, wie hoch der Turm auch gebaut wird.... Für Christen bedeutet der Tod auch Erlösung. Darüber dürfen wir fröhlich sein beim Bauen. Und wir dürfen auch Pausen machen...

Sabine :lol:
"Ich lerne sehen.... " (Rainer Maria Rilke)
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