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Zum Neuen Jahr

Verfasst: 2. Jan 2006, 01:18
von Angela Merkel
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Liebe Rilke-Freunde,
was kann man alles in einem Jahr erreichen? Es ist eine ganze Menge! Wie wäre es, wenn wir uns heute Abend das Ziel setzen, im kommenden Jahr überall noch ein wenig mehr als bisher zu vollbringen?
Ich zum Beispiel verspreche Ihnen, demnächst ein Rilke-Gedicht öffentlich vorzutragen, damit all denjenigen, die mich nicht gewählt haben, der Abschied von meinem Vorgänger etwas leichter fällt.
Aber für dies Vorhaben benötige ich Ihre Hilfe:
Welches Gedicht wünschen Sie sich? (Bitte nicht den "Panther!)
Vorschläge können Sie bis zum 11.1.2006 an das Kanzlerinamt einsenden:
internetpost@bundeskanzlerin.de
Herzlichst
Ihre Angela Merkel
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Gedichtsvorschlaege

Verfasst: 2. Jan 2006, 16:09
von Abdelwahab
Hallo Frau Merkel,

wie waere es mit : " Mahomets Berufung" zur Abwechselung ? (das Gedicht zeigt Rilkes reifes Religionsverstaendnis (bezogen auf den Islam) das meiner Meinung nach heutzutage mehr denn je ans Licht gehoert).

Wenn Ihnen, wie zu erwarten ist, direkter (oder indirekter !) Bezug zum Islam schwerfaellt, dann will ich meinen, dass Sie, und Deutschland, mit folgendem Gedicht, das sich nicht sehr weit von diesen Verstaendnissphaeren befindet, gut bedient sind.

Betrachten Sie es als Omen fuer ein ruhiges, fruchtbares und neues Jahr :

„Mit einem Ast der jenem niemals glich

wird Gott, der Baum, auch einmal sommerlich

Verkuendend werden und aus Reife rauschen;

in einem Lande, wo die Menschen lauschen,

wo jeder aehnlich einsam ist wie ich.

Denn nur dem Einsamen wird offenbart

und vielen einsamen der gleichen Art

wird mehr gegeben als dem schmalen Einen.

Denn jedem wird ein andrer Gott erscheinen,

bis sie erkennen, nah am Weinen,

dass durch ihr meilenweites Meinen,

durch ihr Vernehmen und Verneinen

verschieden nur in hundert Seinen

ein Gott wie eine Welle geht.



Das ist das endlichste Gebet,

das dann die Sehenden sich sagen :

Die Wurzel Gott hat Frucht getragen,

geht hin, die Glocken zu zerschlagen;

wir kommen zu den stilleren Tagen

In denen reif die Stunde steht.



Die Wurzel Gott hat Frucht getragen.

Seid ernst und seht."


RMR - Stundenbuch, Vom Moenchischen Leben – 1899