wo finde ich das koenigslied?

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

Moderatoren: Thilo, stilz

Antworten
julira

wo finde ich das koenigslied?

Beitrag von julira »

ich kann das koenigslied nirgendwo finden? weiss jemand ob es vielleicht anders heisst?
Marie
Beiträge: 308
Registriert: 9. Mär 2003, 21:27
Wohnort: rhld.-pfalz

Beitrag von Marie »

Hallo,

unter dem Namen Scheebart Paul findest du "Das Königslied" vollständig in:

http://www.pinselpark.de/literatur/anfa ... _ichl.html

Gruß :D
julira

koenigslied

Beitrag von julira »

vielen herzlichen dank. aber es muss auch eins von rilke geben. kennt es irgendjemand? es kommen bettler darin vor. vielen herzlichen dank fuer jegliche hilfe! julia
Marie
Beiträge: 308
Registriert: 9. Mär 2003, 21:27
Wohnort: rhld.-pfalz

Beitrag von Marie »

Hallo,

das ist das einzigste "Königslied", das ich gefunden habe, aber ohne "Bettler", tut mir leid. Vielleicht hat jemand anderes noch eine Idee?!

David singt vor Saul

I
König, hörst du, wie mein Saitenspiel
Fernen wirft, durch die wir uns bewegen:
Sterne treiben uns verwirrt entgegen,
und wir fallen endlich wie ein Regen,
und es blüht, wo dieser Regen fiel.

Mädchen blühen, die du noch erkannt,
die jetzt Frauen sind und mich verführen;
den Geruch der Jungfraun kannst du spüren,
und die Knaben stehen, angespannt
schlank und atmend, an verschwiegnen Türen.

Daß mein Klang dir alles wiederbrächte.
Aber trunken taumelt mein Getön:
Deine Nächte, König, deine Nächte -,
und wie waren, die dein Schaffen schwächte,
o wie waren alle Leiber schön.

Dein Erinnern glaub ich zu begleiten,
weil ich ahne. Doch auf welchen Saiten
greif ich dir ihr dunkles Lustgestöhn? -


II

König, der du alles dieses hattest
und der du mit lauter Leben mich
überwältigest und überschattest:
komm aus deinem Throne und zerbrich
meine Harfe, die du so ermattest.

Sie ist wie ein abgenommner Baum:
durch die Zweige, die dir Frucht getragen,
schaut jetzt eine Tiefe wie von Tagen
welche kommen -, und ich kenn sie kaum.

Laß mich nicht mehr bei der Harfe schlafen;
sieh dir diese Knabenhand da an:
glaubst du, König, daß sie die Oktaven
eines Leibes noch nicht greifen kann?


III

König, birgst du dich in Finsternissen,
und ich hab dich doch in der Gewalt.
Sieh, mein festes Lied ist nicht gerissen,
und der Raum wird um uns beide kalt.
Mein verwaistes Herz und dein verworrnes
hängen in den Wolken deines Zornes,
wütend ineinander eingebissen
und zu einem einzigen verkrallt.

Fühlst du jetzt, wie wir uns umgestalten?
König, König, das Gewicht wird Geist.
Wenn wir uns nur aneinander halten,
du am Jungen, König, ich am Alten,
sind wir fast wie ein Gestirn das kreist.

Aus: Neue Gedichte (1907)
Rilke Fan
Beiträge: 187
Registriert: 8. Apr 2003, 18:56
Wohnort: Texas, USA

Beitrag von Rilke Fan »

Vielleicht meinst du "Das Lied Des Bettlers?" Es hat aber nichts mit Könige zu tun.

Das Lied Des Bettlers

Ich gehe immer von Tor zu Tor,
verregnet und verbrannt;
auf einmal leg ich mein rechtes Ohr
in meine rechte Hand.
Dann kommt mir meine Stimme vor
als hätt ich sie nie gekannt.

Dann weiß ich nicht sicher wer da schreit,
ich oder irgendwer.
Ich schreie um eine Kleinigkeit.
Die Dichter schrein um mehr.

Und endlich mach ich noch mein Gesicht
mit beiden Augen zu;
wie's dann in der Hand liegt mit seinem Gewicht
sieht es fast aus wie Ruh.
Damit sie nicht meinen ich hätte nicht,
wohin ich mein Haupt tu.

Rainer Maria Rilke, 7-12.6.1906, Paris

Gruß! Linda
gliwi
Beiträge: 941
Registriert: 11. Nov 2002, 23:33
Wohnort: Ba-Wü

Beitrag von gliwi »

Wo ist das problem? Inselausgabe S. 72 : Königslied

Darfst das Leb en mit Würde ertragen,
nur die Kleinlichen machen es klein;
Bettler können dir Bruder sagen,
und du kannst doch ein König sein.

Ob dir der Stirne göttliches Schweigen
auch kein rotgoldener Reif unterbrach,-
Kinder werden sich vor dir neigen,
selige Schwärmer staunen dir nach.

Tage weben aus leuchtender Sonne
dir deinen Purpur und Hermelin,
und, in den Händen Wehmut und Wonne,
liegen die Nächte vor dir auf den Knien...

Voilà! Gliwi
Marie
Beiträge: 308
Registriert: 9. Mär 2003, 21:27
Wohnort: rhld.-pfalz

Beitrag von Marie »

Hallo Christiane,

die "Königswürden" gehen neidlos an dich! Ich habe unter "D" ("Das Königslied") nachgeschaut und weder in Google noch im Inselband etwas gefunden - war wohl zu einfach!
Immerhin hat mal jemand geantwortet obwohl vorher schon "Marie" und "Rilke Fan" da stand! Linda, deine Sorge ist unberechtigt! Wir sind anscheinend doch keine "Aliens"!

Viele Grüße :wink:
Marie
Beiträge: 308
Registriert: 9. Mär 2003, 21:27
Wohnort: rhld.-pfalz

Beitrag von Marie »

...kleiner Fehler ist dir allerdings beim zitieren unterlaufen:

"nur die Kleinlichen macht es klein"

das ist von der Bedeutung her ein Unterschied, meine ich. Oder werde ich jetzt "klein" gemacht, weil ich zu "kleinlich" bin? :roll:
gliwi
Beiträge: 941
Registriert: 11. Nov 2002, 23:33
Wohnort: Ba-Wü

Beitrag von gliwi »

Nein, Marie, das ist ein wesentlicher Unterschied! Das habe ich nicht gesehen, denn aus irgendwelchen Gründen ist es kursiv gedruckt, und meine Augen sind nicht die besten. Was mich jetzt interessieren würde: Wen spricht er hier an? Wer ist dieser Königliche? Vielleicht kann das noch jemand herausfinden?
Gruß Christiane :)
Marie
Beiträge: 308
Registriert: 9. Mär 2003, 21:27
Wohnort: rhld.-pfalz

Beitrag von Marie »

Hallo Christiane,

ich glaube es geht um das (scheinbar paradoxe) Phänomen, dass derjenige, der sich in Demut vor der Göße und Weisheit des Lebens beugt, ein wahrer König ist. Mit "...nur die Kleinlichen macht es klein" sind wohl diejenigen gemeint, die glauben, das Leben "im Griff" haben zu müssen aus Mangel an Vertrauen. Der "Strom des Lebens" ist zu stark und die armseligen Bemühungen des gegen-den-Strom-Schwimmenden (auch wenn das in unserem Individualistenzeitalter aus falschem Verständnis heraus "in" ist) machen ihn "klein", verbrauchen seine Lebenskraft. Sich vom Strom des Lebens aus einer tiefen Verbundenheit heraus nähren und tragen zu lassen ("Tage weben aus leuchtender Sonne/ dir deinen Purpur und Hermelin") führt in letzter Konsequenz dazu, dass die gesamte Schöpfung (Bettler, Kinder, Schwärmer, die Nächte...) dem König huldigt.


Liebe Grüße :D
gliwi
Beiträge: 941
Registriert: 11. Nov 2002, 23:33
Wohnort: Ba-Wü

Beitrag von gliwi »

Denkst du nicht, liebe Marie, dass er einen ganz bestimmten Menschen im Auge hatte, als er das schrieb? Es erinnert mich an ein gedicht von Benn über Menschen, deren Namen ein Vornamen ist und die ladylike am Küchentisch aufwachsen. Da hatte Benn auch an eine ganz bestimmte gedacht. Oder meinst du, es ist wie bei Hofmannsthal: "Manche freilich müssen drunten sterben...", wo er ganz allgemein von denen spricht, die "frei und leicht" bei den Königen droben sitzen? Könnte auch sein. Lieben Gruß Christiane R.
Marie
Beiträge: 308
Registriert: 9. Mär 2003, 21:27
Wohnort: rhld.-pfalz

Beitrag von Marie »

Hallo Christiane,

sicher hat es für ihn einen konkreten Anlass für dieses Gedicht gegeben. Das bewundere ich ja gerade an Rilke, dass er nicht "bodenlos" philosophiert hat, sondern selbst zu den scheinbar unbedeutendsten Geschehnissen, die vielleicht sonst niemand bemerkt hätte, den "archetypischen Kontext" herstellte. Vielleicht gerade dadurch, dass er so nah an den "Dingen" blieb und keine Moral konstruierte.
Auch durch diese Art von Beobachtung und dem daraus resultierenden "kollektiven" Aspekt (nicht im Sinne von belehrend, sondern durch die Möglichkeit sich selbst darin gespiegelt zu sehen) "adelt" er denjenigen, dem er Einsicht und Gedicht verdankt. Mir fällt jetzt spontan auch van Gogh ein, der selbst die einfachsten Menschen in den alltäglichsten Situationen irgendwie "königlich" machte, weil er ihre innere Schönheit bewunderte anstatt zu "beschönigen".

Amen!
Antworten