ähm...Hilfe?

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

Moderatoren: Thilo, stilz

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Mephisto
Beiträge: 2
Registriert: 9. Dez 2005, 12:42

ähm...Hilfe?

Beitrag von Mephisto »

Hi liebe Rilke-Fans

Heute in einer Woche habe ich meine Abschlussprüffungen und wie ihr alle wisst, hat man da freie Auswahl an Gedichten zum Interpretieren. Rilke ist einer meiner absoluten Lieblingsdichter und daher hab ich einige seiner Werke gewählt. Gedichte wie der Panther, das Karusell und Herbst sind zwar sehr geläufig, trotzdem hab ich andere ausgesucht (hab mich während etwa 3 Stunden durch die Seiten gewühlt, weil ich mich nicht entscheiden konnte)...

Nun würde ich mich sehr über Anregungen eurer Seite freuen. Ich werde mich selbst mit den Gedichten auseinandersetzen, aber ich bin ein schrecklicher Kontrollfreak und meinem Magengefühl würde es besser gehen, wenn ich in euren Interpretationen (die Worte der Kenner sozusagen) Übereinstimmungen mit meinen Ideen finden würde (Angaben zu Form, Aufbau etc. sind auch sehr willkommen)...*alles kontrollieren muss* ... :?

Zu 'das Einhorn' hab ich hier irgendwo auf der 3. Seite bereits Interpreationsansätze gefunden (hab es trotzdem aufgeführt, falls sich noch jemand dazu äussern möchte).

Danke im vorraus für eure Hilfe.

Die Fensterrose
Da drin: das träge Treten und Tatzen
macht eine Stille, die dich fast verwirrt;
und wie dann plötzlich eine von den Katzen
den Blick an ihr, der hin und wieder irrt,

gewaltsam in ihr großes Auge nimmt, -
den Blick, der wie von eines Wirbels Kreis
ergriffen, eine kleine Weile schwimmt
und dann versinkt und nichts mehr von sich weiß,

wenn dieses Auge, welches scheinbar ruht,
sich auftut und zusammenschlägt mit Tosen
und ihn hineinreißt bis ins rote Blut - :

So griffen einstmals aus dem Dunkelsein
der Kathedralen große Fensterrosen
ein Herz und rissen es in Gott hinein.

Rainer Maria Rilke, kurz vor dem 8.7.1906, Paris

Das Einhorn
Der Heilige hob das Haupt, und das Gebet
fiel wie ein Helm zurück von seinem Haupte:
denn lautlos nahte sich das Niegeglaubte,
das weiße Tier, das wie eine geraubte
hülflose Hindin mit den Augen fleht.

Der Beine elfenbeinernes Gestell
bewegte sich in leichten Gleichgewichten,
ein weißer Glanz glitt selig durch das Fell,
und auf der Tierstirn, auf der stillen, lichten,
stand, wie ein Turm im Mond, das Horn so hell,
und jeder Schritt geschah, es aufzurichten.

Das Maul mit seinem rosagrauen Flaum
war leicht gerafft, so dass ein wenig Weiß
(weißer als alles) von den Zähnen glänzte;
die Nüstern nahmen auf und lechzten leis.
Doch seine Blicke, die kein Ding begrenzte,
warfen sich Bilder in den Raum
und schlossen einen blauen Sagenkreis.

Rainer Maria Rilke, Winter 1905/06, Meudon


Schwarze Katze
Ein Gespenst ist noch wie eine Stelle,
dran dein Blick mit einem Klange stößt;
aber da, an diesem schwarzen Felle
wird dein stärkstes Schauen aufgelöst:

wie ein Tobender, wenn er in vollster
Raserei ins Schwarze stampft,
jählings am benehmenden Gepolster
einer Zelle aufhört und verdampft.

Alle Blicke, die sie jemals trafen,
scheint sie also an sich zu verhehlen,
um darüber drohend und verdrossen
zuzuschauern und damit zu schlafen.
Doch auf einmal kehrt sie, wie geweckt,
ihr Gesicht und mitten in das deine:
und da triffst du deinen Blick im geelen
Amber ihrer runden Augensteine
unerwartet wieder: eingeschlossen
wie ein ausgestorbenes Insekt.

Rainer Maria Rilke, Sommer 1908 (vor dem 2.8.), Paris



Die Kurtisane

Venedigs Sonne wird in meinem Haar
ein Gold bereiten: aller Alchemie
erlauchten Ausgang. Meine Brauen, die
den Brücken gleichen, siehst du sie

hinführen ob der lautlosen Gefahr
der Augen, die ein heimlicher Verkehr
an die Kanäle schließt, so dass das Meer
in ihnen steigt und fällt und wechselt. Wer

mich einmal sah, beneidet meinen Hund,
weil sich auf ihm oft in zerstreuter Pause
die Hand, die nie an keiner Glut verkohlt,

die unverwundbare, geschmückt, erholt -.
Und Knaben, Hoffnungen aus altem Hause,
gehn wie an Gift an meinem Mund zugrund.

Rainer Maria Rilke, März 1907, Capri


liebe Grüsse
Mephisto
Mephisto
Beiträge: 2
Registriert: 9. Dez 2005, 12:42

Beitrag von Mephisto »

wo sind denn alle hobbyinterpreten? wenn es infos zu allen gedichten schon hier irgendwo im forum hat, wär ich auch über ne info froh...

lg
.Sabine.
Beiträge: 114
Registriert: 7. Sep 2005, 22:32
Wohnort: Kaiserslautern

Beitrag von .Sabine. »

Hi,

zur "Schwarzen Katze" habe ich folgendes gefunden:

Über Rilkes Verhältnis zu Katzen berichtet Maurice Betz folgendes: "er behauptete, sich niemals ganz davon überzeugen zu können, daß sie (die Katzen) wirklich existieren. Er bewunderte die Art , in der sie in unserer Welt wie vom Himmel gefallen erscheinen, um (...) dann mit einem Satz wieder zu entwischen, als ob wir nur in unserer Einbildung vorhanden wären, ein Schatten, den ihre Pupille überhaupt nicht wahrnahm."(aus Gesprächen in Paris 1924).

Ich denke, dass Rilke die Eigensinnigkeit der Katzen (zb im Gegensatz zu den Hunden) gesehen hat. Die Hunde hat er mit den Dichtern verglichen, die Abhängigkeiten...

Die Fensterrose gefällt mir sehr gut. Dort werden die Tierbilder in übertragenem Sinne gebraucht. In einer Kathedrale, leider weiss ich nicht mehr , wo das war, habe ich das tatsächlich mal mit Hasen gesehen, die eine Fensterrose bilden. Vielleicht kennt das jemand ?

Interessieren würden mich Deine Gedanken zur "Kurtisane".

Sabine :lol:
"Ich lerne sehen.... " (Rainer Maria Rilke)
gliwi
Beiträge: 941
Registriert: 11. Nov 2002, 23:33
Wohnort: Ba-Wü

Beitrag von gliwi »

Hallo,
ist die "Kurtisane" auch nach einem Gemälde geschrieben? Es hört sich jedenfalls so an. Beim "Einhorn" ist das ja, soviel ich weiß, auch der Fall. Da wäre es natürlich toll, wenn man die Bilder dazu vorstellen könnte. Auch die Kathedrale gibt es - bloß welche ist es? Notre-Dame? Chartres?
Gruß
gliwi
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. KANT
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