Ding-Gedichte

Von den frühen Prager Gedichten über Cornet, Neue Gedichte, Sonette und Elegien bis zum lyrischen Grabspruch

Moderatoren: Thilo, stilz

stilz
Beiträge: 1226
Registriert: 26. Okt 2004, 10:25
Wohnort: Klosterneuburg

Ding-Gedichte

Beitrag von stilz »

Hallo, liebes Forum!

Vor kurzem hat Gliwi für mich definiert, was ein Ding-Gedicht ist --- vielen Dank, das war sehr klar, und ich kann einiges damit anfangen!
Und nun für Stilz die Definition eines Ding-Gedichts: In einem Ding-Gedicht geht es darum, den gewählten Gegenstand, der auch ein Tier sein kann oder eine Stadt usw., so genau wie möglich zu beschreiben. Ein Ding-Gedicht befasst sich nicht mit Philosophie, den Problemen der Künstler-Existenz, sonstigen existenziellen Fragen, der Dicht-Kunst und was sonst noch so Lyrik-Themen sind. Nehmen wir als Beispiel mein Lieblingsdinggedicht, die "Blaue Hortensie". Das Hortensienblau ist ein besonderer Farbton. Diesen Farbton beschreibt Rilke in dem Gedicht mit ganz ungewöhnlichen, treffenden Vergleichen: " ...wie in alten Briefpapieren / ist Gelb in ihnen, Violett und Grau..." , "Verwaschnes wie an einer Kinderschürze..." . Ja, genau so sehen sie aus, und niemand hat das je so gesagt wie Rilke. Aber in diesem Gedicht geht es nur darum und um sonst gar nichts
.


Was mich jetzt noch interessieren würde:
Wer war es eigentlich, der zum ersten Mal diesen Begriff verwendete, war es Rilke selbst, oder jemand aus seinem Kreis, oder kam das erst später?
Und gab es einen konkreten „Anlaßfall“, also daß jemand Sachen in seine Gedichte „hineingeheimniste“, die er nicht drin haben wollte?

Mit lieben Grüßen

stilz

P.S.: Verehrter Herr Professor von und zu Witzleben, darf ich Sie untertänigst darum bitten, die Antwort zunächst mal den anderen zu überlassen und Ihre geschätzte Meinung, wenn überhaupt, erst danach zum Ausdruck zu bringen...
e.u.
Beiträge: 320
Registriert: 5. Jun 2003, 10:29

Beitrag von e.u. »

Hallo Stilz,
ich fürchte, die Literaturwissenschaftler waren beim Begriff 'Dinggedicht' erhebliche 'Mittäter'. Vielleicht gibt es eine noch ältere Abhandlung über dieses Thema (würde mich interessieren) als folgende:
Kurt Oppert: Das Dinggedicht. Eine Kunstform bei Mörike, Meyer und Rilke. – In: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. 4.Jg. H.1 (1926) ca. S. 759 ?
Von Rilke selbst kenne ich den Begriff gar nicht, aber natürlich hat er ziemlich oft das Wort 'Ding' benutzt. In allen möglichen Kontexten, wie wir ja wohl auch.
e.u.
stilz
Beiträge: 1226
Registriert: 26. Okt 2004, 10:25
Wohnort: Klosterneuburg

Beitrag von stilz »

Lieber e.u.,

danke, das ist sehr interessant!

Unter http://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerl ... opitz.html fand ich einen Artikel von Thorsten Preuß, der ebenfalls Oppert als ersten nennt, der diesen Begriff verwendet.

(Und nochmal extra danke für den Begriff "Mittäter"...)

Liebe Grüße

stilz
Gast

Beitrag von Gast »

"Wem 'Lyrik' gleichbedeutend ist mit dem Ausdruck von Subjektivem oder Stimmungshaftem, der dürfte zunächst eher befremdet sein über drei Gedichte, die sich primär der scheinbar bloßen Beschreibung eines Brunnens widmen. Zwar gehört der Brunnen zum gängigen Inventar romantischer Lyrik; er rauscht durch die Gedichte Eichendorffs oder Brentanos, er plaudert von der schönen alten Zeit oder steht gleich neben dem wohl bekanntesten Lindenbaum. Doch bei Opitz, bei Meyer und bei Rilke rückt nun ein ganz bestimmter, konkreter Brunnen ins Zentrum des Gedichts, und dieses stellt seinen Gegenstand zum Teil mit solcher Akribie dar, daß es gerechtfertigt erscheint, hier von einem besonderen Gedichttyp zu sprechen, dem 'Dinggedicht'.

Der Terminus 'Dinggedicht' wurde 1926 von Kurt Oppert eingeführt, und die Brunnengedichte Meyers und Rilkes etwa galten ihm als exemplarische Vertreter der Gattung. Der Begriff hat sich, obwohl nicht ganz unproblematisch, in der Literaturwissenschaft eingebürgert; und während er zunächst - mit wenigen Ausnahmen - nur auf die Lyrik Rilkes bezogen wurde, hat die Komparatistik mittlerweile auf vergleichbare Entwicklungen etwa in der französischen und der anglo-amerikanischen Literatur hingewiesen. Unter 'Dinggedicht' versteht man ein "Gedicht, das intensiv wahrgenommene Gegenstände der äußeren Wirklichkeit wiedergibt", genauer einen in "der frühen Moderne entstandene[n], objektbezogene[n] Typus des Gedichts, das einen Gegenstand unter Reduktion des Ichbezugs der lyrischen Aussage und Verzicht auf explizite subjektive Deutung in seiner Dinglichkeit darstellt. [...] Das Dinggedicht steht in der Spannung zwischen Objekt- und Subjektbezug, zwischen Gegenstandstreue und imaginativer Sicht, zwischen realistischer und symbolischer Darstellung."

Als Schöpfer des Dinggedichts gilt Rainer Maria Rilke, zu seinen Vorläufern zählen neben Conrad Ferdinand Meyer und Eduard Mörike ("Auf eine Lampe") die französischen "Parnassiens" und Symbolisten. Das Brunnensonett von Martin Opitz ist hingegen nicht als "Dinggedicht" anzusprechen, wenngleich auch hier ein lebloses Objekt dargestellt wird und alles explizit Subjektive zurücktritt. Doch in der Art der Wahrnehmung, Darstellung und Deutung des Gegenstandes unterscheidet sich Opitz von Meyer und Rilke. Sein Brunnengedicht gehört in einen völlig anderen dichtungsgeschichtlichen Zusammenhang, der im folgenden skizziert werden soll." "

gefunden auf http://www.phil.uni-erlangen.de/~p2gerl ... tart2.html
e.u.
Beiträge: 320
Registriert: 5. Jun 2003, 10:29

Beitrag von e.u. »

Hallo,
vielleicht sollten wir etwas vorsichtig mit Festlegungen sein. Wer die Entstehung von Meyers Gedicht vom 'Römischen Brunnen' anschaut, der wird ziemlich ratlos sein, wenn er entscheiden sollte, um welchen konkreten Brunnen es sich da handelt. Wer Rilkes 'Panther' nach der Farbe des Tiers befragt, auch nach der Musterung des Fells, der Oberflächeneffekte (alles bei so kostbaren Raubtieren wichtige Details, die sonst bei keiner dichterischen Pantherbeschreibung fehlen) wird ebenfalls nicht fündig. Und wer mal versucht, Rilkes römischen Brunnen aus der Perspektive zu sehen, aus demr er im Gedicht dargestellt wird, tut sich ebenfalls nicht leicht.
Also: Was ist ein Dinggedicht?
Wir rätseln und orakeln wohl noch etwas weiter.
e.u.
Benutzeravatar
Anna B.
Beiträge: 312
Registriert: 13. Mai 2004, 20:26
Wohnort: Franken

Beitrag von Anna B. »

Hallo,

ist ein Ding-Gedicht nicht zuerst ein Gedicht über ein "Ding an Sich" ? Natürlich wird der Dichter es so schreiben, wie es für ihn am wichtigsten ist , wie er es sieht , wie es auf ihn wirkt , was er für einen Eindruck hat... . Er schreibt keinen Lexikonartikel über das Ding . Rilke hat zuerst Ding-Gedichte geschrieben, als er Rodin kennenlernte. So wie ein Steinmetz, ein Bildhauer aus einem Stein etwas herausholt, was in ihm verborgen ist und was der Stein selbst nicht auszudrücken in der Lage ist, dazu verhilft ihm der Künstler . Rilke schreibt darüber in seinem Rodin Aufsatz . Es hat aber auch viel mit Rilkes Vorstellung des Weltinnenraums zu tun ?! Es kann sein, dass in dem Ding eine Aussage steckt, die allgemeingültig ist, wie beispielsweise der Kreislauf des Wassers im Brunnen .

Oder sehe ich das falsch ? Was meint Ihr ?

Liebe Grüße von Anna Blume :lol:
stilz
Beiträge: 1226
Registriert: 26. Okt 2004, 10:25
Wohnort: Klosterneuburg

Beitrag von stilz »

Hallo,

auch ich habe in letzter Zeit viel über Rilke und seine "Dinggedichte" nachgedacht...
Mir ist diese Diskrepanz sehr bewußt, da wird ein Ding angeblich ganz "sachlich" beschrieben, und dann fehlen so wichtige Angaben wie Farbe und Größe...
Dein Gedanke, Anna, gefällt mir sehr gut: in jedem Ding steckt eine "Aussage" - ob sie nun allgemeingültig ist oder nicht, kann ich nicht sagen, aber es ist jedenfalls eine "Aussage", die Rilke darin sieht und uns, seinen Lesern, vermittelt.

Mir gefällt diese Definition, ein "Gedicht, das intensiv wahrgenommene Gegenstände der äußeren Wirklichkeit wiedergibt", "das einen Gegenstand in seiner Dinglichkeit darstellt."

Aber je länger ich mich mit Rilkes Gedichten befasse, desto weniger sehe ich, wieso man diese Definition auf die Dinge "der äußeren Wirklichkeit" beschränkt...

Ich finde immer wieder, daß Rilke sozusagen ganz intensiv in eine bestimmte Situation oder auch einen oder auch mehrere Menschen in einer bestimmten Situation "hineinschlüpft" und dann schildert, was es zu sehen und zu erleben gibt.
Ich denke zum Beispiel an das "Buch der Bilder", die "Liebende", die "Braut", den "Knaben", die "Heilige"... ist das nicht auch alles geschildert unter Reduktion des Ichbezugs der lyrischen Aussage ?

Gerade wegen dieser Art Rilkes, in einer vom eigenen Ich distanzierten Sichtweise, sozusagen "betrachtend" statt "verstrickt" zu dichten, finde ich den Titel "Buch der Bilder" so passend...
Und ist nicht ein Bild immer in erster Linie ein "Ding", ganz egal, was darauf dargestellt wird?


Liebe Grüße!

stilz
Benutzeravatar
Anna B.
Beiträge: 312
Registriert: 13. Mai 2004, 20:26
Wohnort: Franken

Beitrag von Anna B. »

Hallo Ingrid,

das wird mir zu psychologisch - mit der Innensicht. Kannst Du das noch etwas erläutern ?

Bisher habe ich die Ding-Gedichte den "Neuen Gedichten" zugeordnet, wobei die Übergänge fliessend sind .

Meine Gedanken zu den Bildern:

Es hängt vom Material ab. Steine sind verschieden (hart, weich, rau, geschmeidig...) und inspirieren von sich aus den Künstler (Bildhauer) stärker. Papier dagegen hat - meistens - die gleiche Konsistenz.

Jeder Künstler macht, vermittelt etwas anderes - auch wenn er das gleiche Motiv hat . Jeder sieht, entdeckt etwas anderes .

Darstellung ist anders als die Wirklichkeit: bei einem Landschafts-Bild zb spürst Du nicht das Klima, hörst Du die Geräusche der Umgebung nicht ..., ein gezeichneter Blumenstrauß duftet nicht ...

Warum nennt Erich Heckel seine gezeichneten Sonnenblumen: Sonnen-Rosen ? Was drückt der Künstler damit aus ?

So viele Fragen...

und ganz liebe Grüße von

Anna Blume :lol:
Barbara
Beiträge: 484
Registriert: 30. Dez 2003, 17:54
Wohnort: Stuttgart Bad Cannstatt
Kontaktdaten:

Beitrag von Barbara »

Hallo,

kurze Zwischenbemerkung:
. Wer Rilkes 'Panther' nach der Farbe des Tiers befragt, auch nach der Musterung des Fells, der Oberflächeneffekte (alles bei so kostbaren Raubtieren wichtige Details, die sonst bei keiner dichterischen Pantherbeschreibung fehlen) wird ebenfalls nicht fündig.
kann es sein, dass Rilke vor allem mit dem "Panther" das gefangene Tier zeigen wollte ? Einen Panther in freier Wildbahn hätte er bestimmt anders beschrieben, dann wären auch die anderen Details vermutlich in den Vordergrund getreten . Aber so eingesperrt hinter Gittern ?

Noch etwas zu den Bildern: damals gab es schon die Fotografie . Kann es sein, dass Rilke auch so etwas wie eine "innere" Fotografie darstellen wollte ? Nur so ein Gedanke ...

Viele Grüße von Barbara :lol:
Paul A.
Beiträge: 172
Registriert: 28. Mär 2004, 22:42
Wohnort: Hannover / London / New York

Beitrag von Paul A. »

Hallo,
... wie praktisch ist doch da : eine digitale Kamera !


Nun bin ich auch mal wieder da , nachdem ich die letzten Wochen einen wunderbaren Urlaub verbracht habe - wenn auch ziemlich heiß - an der spanischen Küste ...

Heute habe ich die Bilder abgeholt und nachdem ich meine Kamera eingehend untersucht habe , bin ich auf eine - wie ich zugebe - ziemlich absurde Idee gekommen . Eure Meinung würde mich aber trotzdem interessieren ?! Also - mal - zur Abwechslung - um die Ecke gedacht :

könnte es sein, dass Rilke mit dem "Panther" eine Kamera beschreibt bzw deren Funktion(sweise) ? Schwarzer Kasten, Pupille, Linse, Wahrnehmungsverlust ... ? Könnte doch passen, oder ? Was meint Ihr ?

Es grüßt in die Runde , Paul 8)
"... Knaben, o werft den Mut/ nicht in die Schnelligkeit,/ nicht in den Flugversuch./ Alles ist ausgeruht:/ Dunkel und Helligkeit,/ Blume und Buch." (R.M. Rilke)
Paula
Beiträge: 239
Registriert: 29. Feb 2004, 11:01

Beitrag von Paula »

Hi Paul,

das ist mir zu Futuristisch :? ! Keine Ahnung, ob Rilke jemals etwas zu dieser Kunst-Richtung gesagt hat, aber die Bedeutung eines Ding-Gedichts stellst Du mit Deiner Interpretation nun doch ziemlich in Frage , oder :roll: ?! Ein Technik-Freak war Rilke sicher nicht, wahrscheinlich eher ein Tierfreund :wink: ?!

Paula :lol:
stilz
Beiträge: 1226
Registriert: 26. Okt 2004, 10:25
Wohnort: Klosterneuburg

Beitrag von stilz »

Der Panther

Im Jardin des Plantes, Paris

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.


Aus: Neue Gedichte (1907)



Hallo Paul,

das ist eine witzige Idee, und die ersten Zeilen der letzten Strophe könnte man tatsächlich auf eine Kamera "umwidmen" - aber wie ist es mit den geschmeidigen Schritten... und das wäre eine lausige Kamera, mit müdem Blick, und gar, wenn "das Bild im Herzen aufhört zu sein"...

Aber ich habe eine andere Idee:
Ist ein Gedicht nicht auch eine Art "Ding"?
Und dann könntest Du, Paul, ein neues Gedicht schreiben, über das Ding "Rilkes Panther" und was dieses Ding Dir sagt... und dann wäre gut Platz für solche Ideen!

Liebe Grüße

stilz
stilz
Beiträge: 1226
Registriert: 26. Okt 2004, 10:25
Wohnort: Klosterneuburg

Beitrag von stilz »

Hallo,

wegen der aktuellen Diskussion zur "Blauen Hortensie" hab ich diese Beiträge wieder hervorgekramt... und möchte noch einmal die Frage stellen:

Weiß irgendjemand, was Rilke selbst über den Begriff "Ding-Gedicht" gesagt hat?
Oder, falls der Begriff doch erst später entstanden sein sollte: Kann man irgendwo etwas von Rilke selbst über dieses Thema finden?

Mit lieben Grüßen

stilz
helle
Beiträge: 343
Registriert: 6. Mai 2005, 11:08
Wohnort: Norddeutsche Tiefebene

Beitrag von helle »

Ich kann mir nicht helfen, schon der Begriff "Dinggedicht" mißfällt mir angesichts der übermächtigen Herrschaft der Dinge, als würden da Konservendosen oder Gummiknüppel bedichtet, wogegen wiederum nichts einzuwenden wäre, wenn das Gedicht danach ist. Ebenso wie das Wort "bedingen" mir Unbehagen verursacht, obwohl das Wort "Ding" eine ehrenwerte Herkunft hat und aus der germanischen Rechtssprache kommt, wie mir mein Etymologie-Duden versichert, und ursprünglich Gericht und Versammlung meint (Thingplatz), in allerlei Ableitungen wie "allerdings" sich heute noch verbirgt und überlebt hat, worauf ich jetzt aber nicht weiter eingehe. Aber es hängt damit zusammen die landläufige Bedeutung: der Gegenstand und die verhandelte Sache, womit man einen Schritt näher bei Rilke ist, auch wenn zum Glück niemand von seinen Sachgedichten spricht. Der Grund für die unselige Wortbildung des Dinggedichts liegt ja wohl darin, daß Rilke nach seiner etwas frommen und gezierten Jugendlyrik nun zu einem sachlicheren Sagen und Anschauen und Benennen findet, ohne daß es nur ein Widerspiegeln wäre.

Mir ist nicht bekannt, daß er selbst vom Dinggedicht gesprochen hätte, ich glaube, er hätte den Begriff abgelehnt, kann das aber nur behaupten. Es gibt zwar tatsächlich solche Dinge wie die "Rosenschale" oder eben das Karussell oder den "Reliquienschrein" usw. als Gegenstand seiner Gedichte, aber die Mehrzahl der "Neuen Gedichte", auf die sich der Begriff ja in erster Linie bezieht, spricht nicht von Gegenständen oder "Dingen", sondern von Personen, Tieren, Pflanzen, Orten, Räumen, seelischen Empfindungen, biblischen Ereignissen, mythischen Begebenheiten usw usf. – welches Ding wäre "Der Tod der Geliebten"? schon eine Blume, ob blaue Hortensie, englische Gartenrose ("Queen Elizabeth") oder gemeiner Nieswurz würde ich ungern als Ding bezeichnen. Aber vielleicht ist das ja auch nur mein Ding. Und damit genug für heute Abend.

Gruß, Helle
stilz
Beiträge: 1226
Registriert: 26. Okt 2004, 10:25
Wohnort: Klosterneuburg

Beitrag von stilz »

Hallo Helle,

da geht es mir ganz genauso wie Dir!
Auch ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, daß Rilke diese ganze "Dinggedichterei" abgelehnt hätte, oder zumindest seeeeeehr modifiziert...
Ich komme für mich selber immer mehr zu der Meinung, daß es mehr um die "Reduktion des Ichbezugs" zu gehen scheint als darum, alle "nicht-dinglichen" Themen zu vermeiden.

Aber ich möchte natürlich nun nicht meinerseits den Fehler machen, Rilke irgendwelche Meinungen oder Absichten zu unterstellen!!!

Und genau deshalb frage ich noch einmal:
Gibt es irgendwo Aussagen von Rilke selbst zu diesem Thema?
Oder worauf stützen sich eigentlich die Erfinder des Begriffes "Dinggedicht"?

Liebe Grüße

stilz
Antworten