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Der Panther-Interpretation
Verfasst: 14. Mai 2003, 13:56
von Babyeule
Ich bräuchte dringend eine Interpretation von "Der Panther". Außerdem mit Jahreszahl, wann das Gedicht verfasst wurde. Danke. Jasmin

Verfasst: 14. Mai 2003, 14:37
von e.u.
Paris, 5./&6.November 1902 gilt allgemein als Entstehungsdatum des Gedichts und etwa gleichzeitig des Prosagedichts 'Der Löwenkäfig' (ähnliches Thema). Vermutlich nach einem Besuch der Menagerie im Jardin des Plantes. Daran hängen ganze Ideologien in der Interpretation: Übrigens gibt es ein Foto des Panthers im Netz (schwedische Webpage, die ich gerade nicht finde), er ist keineswegs schwarz, sondern wie ein normaler Leopard gefleckt.
Dass Rilke dabei von Rodin direkt beeinflusst ist, halte ich trotz dessen hübscher antiker Tiger-Skulptur (die auch Rilke erwähnt) für etwas überzogen.
Das nur als Einstieg.
Alles Gute!
e.u.
interpretation...
Verfasst: 14. Mai 2003, 18:04
von muskelkater
hi
ich habe zwecks facharbeit in der schule (10.rs) eine interpretation erstellt. meine lehrerin hats sich durchgesehen (vorbesprechung) und meinte, dass ist ok. sie ist rilkefan.
ist unter zwitdruck entstanden und vielleicht nicht in dem hier üblichem nivoe, aber vielleicht hilfts dir weiter!!
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Der Panther – Interpretation
In dem Gedicht „Der Panther“ geht es um die Gefangenschaft eines Panthers in einem Zoo.
Rilke beschäftigt sich mit den Gefühlen und den Lebensaussichten des Panthers. In der ersten Strophe beschreibt Rilke seine Augen, die von der Gefangenschaft gezeichnet sind. Sei sehen nur noch die Gitterstäbe des Käfigs, in dem er gefangen gehalten wird, anstatt Natur, Wald, Wiesen, Beute und Artgenossen. Hinter diesen Gitterstäben gibt es für ihn keine Welt, denn sie ist für ihn unerreichbar. Aber in diese Unerreichbare Welt möchte er. Er möchte in Freiheit leben und seine Jagdtriebe ausleben.
In der zweiten Strophe beschreibt Rilke, wie der Panther in seiner typisch, geschmeidigen Gangart mit seinen kräftigen Beinen in seinem viel zu kleinen Käfig im Kreise geht. In der Wildnis kann er frei durch die Wälder oder über die Wiesen laufen. Er kann Beute jagen und lange Strecken laufen. Die Möglichkeiten hat er im Käfig nicht. Er kann im Käfig nur im Kreis gehen. In der Mitte dieses Kreises, um den der Panther „tanzt“, stellt Rilke sich den „Wille“ vor. Gemeint ist der Jagdtrieb und das Verlangen frei zu sein. Aber dieser Wille ist „betäubt“. Er existiert nach wie vor, ist aber durch die Gefangenschaft nicht auszuleben und deswegen nicht sichtbar.
In der dritten und letzten Strophe beschreibt Rilke folgendes: die Augenlider des Panthers öffnen sich, das Bild, was vor seinen Augen erscheint geht in seinen Kopf und seine Instinkte erwachen. Er hat Beute gesichtet, vielleicht einen Vogel oder einen kleinen Hund o. ä., seine Instinkte sagen ihm, dass er die Beute jagen muss. Aber er ist in Gefangenschaft und kann das nicht. Die Beute befindet sich hinter dem Gitter. Das realisiert er und dann „hört“ der Trieb „in Herzen auf zu sein“.
Er schrieb das Gedicht im Pflanzengarten in Paris. Es erschien 1907 in „Neue Gedichte“.
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mfg
Verfasst: 14. Mai 2003, 21:40
von Marie
Hallo,
sowohl Entstehungsdatum als auch Erscheinen (1902 bzw. 1907) sind meines Wissens korrekt.
"mfg" bringt einem das Seelenleben des Panthers ja schon sehr nahe! Ich bin etwas fauler und ergänze nur noch ein paar Gedanken (die Freedman in seiner Biographie mit anderen Worten erwähnt).
Beeinflusst durch die Werke des Bildhauers Rodin entwickelte auch Rilke seinen dichterischen Stil in Richtung einer klareren Ausdrucksform. "Der Panther" gehört bereits zu den sog. "Dinggedichten" und verzichtet völlig auf Metaphern: die Dinge sind "selbst-redend" geworden durch die Dichtung.
Z. B. wird der Stillstand der Lebenskraft des Panthers durch seine Augen und nicht durch irgendwelche Vergleiche verdeutlicht: Die
Stäbe gehen vorüber - nicht der Panther! In seiner Teilnahmslosigkeit ( das
Bild...hört im Herzen auf zu sein) wird der Panther fast selbst zu einem Ding.
Sicher spiegelt die Trostlosigkeit dieses Gedichts auch Rilkes Wahrnehmung von der Großstadt Paris wieder, mit der er sich erst allmählich arrangierte. Besonders intensiv kommt diese Auseinandersetzung mit dem düsteren Aspekt des Städtischen im Prosaroman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1906) zum Ausdruck.
So, vielleicht reicht das ja schon?!
Viele Grüße M.
Verfasst: 14. Mai 2003, 21:43
von Marie
Irgend etwas ist mit dem Kursivdruck schief gegangen, sorry! Das passiert, wenn man's besonders vornehm bewerkstelligen will! Einfach ist manchmal doch besser.
M.
Verfasst: 14. Mai 2003, 23:53
von gliwi
Hallo Jasmin, wenn du ins alte Forum gehst und die Beiträge vom ganzen letzten Jahr aufrufst, findest du zwei Diskussionsrunden zum Panther, die eine mit 16 Beiträgen recht anregend.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mal einen Wunsch an alle ForumsbenutzerInnen loswerden: Ich fände es praktisch, wenn ihr auf dieses
marktschreierische "Wichtig!" verzichten könntet. 1. erschwert es einem die Durchsicht, 2. finde ich alle Beiträge hier gleich wichtig. Gruß gliwi
Wichtigtuerei
Verfasst: 15. Mai 2003, 00:09
von Volker
Bei dieser Gelegenheit möchte ich mal einen Wunsch an alle ForumsbenutzerInnen loswerden: Ich fände es praktisch, wenn ihr auf dieses
marktschreierische "Wichtig!" verzichten könntet. 1. erschwert es einem die Durchsicht, 2. finde ich alle Beiträge hier gleich wichtig
Genauso isses! Mich nervt das auch schon lange.
Habe dies auch in "Rilke virtuell" gepostet.
Am besten: Weg mit dieser "Wichtigtuer"-Option!
Verfasst: 16. Mai 2003, 11:51
von e.u.
Wer den Pariser Panther als Foto sehen möchte, kann dies gern tun. Er ist auf der Website:
Les Panthères Le Jardin des Plantes
http://www.gamlavykort.nu/pp/showquesti ... ldAuto=168
Das Bild ist aus einer Fotoserie der Jahrhundertwende. Wenn man davon ausgehen kann, dass nicht jedes Jahr neue Tiere angeschafft wurden, waren es dieselben, die Rilke 1902 im Käfig gesehen hat.
Das hilft nichts bei der Interpreation, zeigt aber, aus welchem Stoff das große Gedicht gemacht ist.
e.u.
Panther
Verfasst: 17. Mai 2003, 12:50
von Volker
Hallo,
danke für den Hinweis auf das Pnther-Bild.
Meine Güte, die armen Tiere! Wenn man sich das vorstellt - dieser enge Käfig - schrecklich!
Komisch übrigens, ich habe bisher bei Rilkes Panther immer an eine schwarze Raubkatze gedacht. Aber ja, es gibt ja auch gefleckte

Verfasst: 17. Mai 2003, 14:43
von Marie
Hallo,
es ist wirklich unendlich traurig diese herrlichen Tiere so zu sehen. Auf Rilke muss es sicher ebenso gewirkt haben. Es ist vielleicht ein klein wenig tröstlich zu wissen, dass das Leiden der Panther die Grundlage für eines der berühmtesten Gedichte überhaupt bildete. Wer weiß, vielleicht gibt das dem armseligen Dahinvegetieren der Tiere einen höheren Sinn - auch wenn sie nicht unmittelbar selbst davon profitierten.
Viele Grüße M.
Verfasst: 17. Mai 2003, 23:25
von gliwi
Ich habe bis gerade eben auch geglaubt, Panther seien die schwarze Form des Leopards, aber nun habe ich nachgesehen und stelle fest, dass beides dasselbe ist - vermutl. Panther griech. u. Leopard lat.- und dass es auf den Sundainseln eine Abart mit schwarzem Fell gibt

. Gruß Ch.
Rilke- Kafka
Verfasst: 18. Mai 2003, 08:09
von stefan-franz
da musste ich spontan an
Franz Kafka`s Erzählung " Der Hungerkünstler "denken.
Verfasst: 18. Mai 2003, 10:58
von e.u.
Prima die Sache mit Kafka. Aber ich habe damals nicht herausgefunden, ob Kafka den Rilke-Text kannte und mit seiner Erzählung eine Antwort formulierte. Weiss das jemand?
Übrigens habe ich nicht den Eindruck, dass Rilke mit dem Panther ein besonderes Tierschutz-Anliegen hatte (wie wir es heute begreiflicherweise gern sehen. Hagenbeck hat 5 Jahre später den neuen Zoo erfunden und auch nach Paris exportiert).
Möglicherweise reagierte Rilke auf ein bestimmtes Panther-Bild (seit der Antike) in Malerei und Literatur, von dem er sich absetzen wollte. Die Pariser Maler von Delacroix bis Rousseau gingen in den Jardin, zeichneten die Tiere ab und setzten sie dann in prächtige Wüsten- oder Urwaldlandschaften hinein. Auch Rilke hatte so eine besondere Eintrittskarte, um am frühen Vormittag (unter den Künstlern) seine Studien zu machen. Übrigens gibt es auch einen Bericht von Ihm über einen gemeinsamen Zoo-Besuch (Jardin d'Acclimatation) mit Rodin einige Jahre später. Rilke schrieb wenige Monate nach dem 'Panther' und dem 'LÖwenkäfig' das Aschanti-Gedicht (im Buch der Bilder versteckt), das auch solche Menschenausstellungen anprangerte (s.o. Kafka!).
Also eine ganze Menge Hintergrund in dem Duzend Versen.
Wir können alle nur weiter rätselraten.
e.u.
Rilke bleibt unverstanden
Verfasst: 6. Jul 2003, 00:25
von Bobby
auf dieser internetseite tummel sich viele rilke-fans, mich erstaunt , dass nicht mal einer das gedicht so interpretieren konnte wie es rilke gemeint hat.
Es ist richtig, dass Rilke vom leid des panthers erzählt aber in wirklichkeit versucht er das herz des leiden lassenden zu berühren, dh. er wollte euer herz berühren, denn ihr seid es, die dem leid des panthers eine welt geben, seid ihr nicht die zoobesucher? ward ihr nicht mit : dem vater, der mutter, der geliebten, dem freund, den kindern usw. im Zoo? ward nicht jeder von euch der grund weshalb der Panther, der stellvertretend für alle tiere steht , im käfig sein dasein fristete.
Wisst ihr weshalb keiner von euch so ein schönes gedicht schreiben könnte? Nein, nicht weil ihr keine dichter seid, sondern weil ihr nicht mitfühlen könnt.
Wie will man jemals verstehen was einer meint, wenn man eine völlig andere emotionale einstellung hat.
Dem Dichter ist sein Gedicht ein Spiegelbild einer ganz bestimmten Emotion, da Rilke ,im gegensatz zu Goethe ,wahren Tiefgang besaß, besaß und besitzt Rilke den Anspruch auf Änderung. Um ein Gedicht von solch einer Nähe zum anderen schreiben zu könnnen, muß man mindestens für einen Moment so gefühlt haben wie der andere. Und wenn man so fühlt wie der andere dh. wie der Panther, was wäre dann der größte Wunsch?!!!!
Das Gedicht ist nicht zu Ende geschrieben, ihr endtscheidet über den Ausgang ,ob frei oder gefangen.
Wer an eine Welt glaubt die lustig und oberflächlich zu leben wäre, der möge Gothe lesen.
Wer an eine Welt glaubt, die so ist wie sie ist, möge Rilke lesen
Panther mal anders interpretiert
Verfasst: 12. Jul 2003, 18:21
von wsk
Ich hätte eine Anmerkung zur 3. Strophe des Gedichtes.
Diese wird überwiegend, wie die zwei anderen Strophen, als negativ und depressiv interpretiert. Dem würde ich widersprechen. Ich denke das diese Strophe eher positiv ist und glückserfüllt.
Diese andere Sicht ergibt sich daraus, das ich den letzten Vers (und hört im Herzen auf zu sein.) nicht, wie üblich, auf das genannte "Bild" beziehe, sondern auf den Vorhang der Pupille (der durch die Bewegung der Gitterstäbe entstand).
In den ersten zwei Strophen ist der Panther in Bewegung, in der Dritten seht er still.
Man beachte unbedingt die Gedankenstriche, alles innerhalb dieser wird vom Rest separiert..
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf -
- und hört im Herzen auf zu sein.
Also ich finde das positiv!
Was denkt Ihr??