also, zuerst einmal:
Ich muß helle recht geben. Ich finde, eine solche Andeutung, wie Du sie gemacht hast, erweckt bei uninformierten Lesern den Eindruck, Celan wurde zu Recht als Plagiator bezeichnet. Das liegt auch daran, daß Du "Zitieren" schreibst, mit Anführungszeichen. Dadurch suggerierst Du (für mich zumindest), solches "Zitieren" sei irgendwie unanständig... und das wieder scheint mir zu dem "grummeligen Bauchgefühl" zu passen, das Du von Celans schwarzer Milch kriegst, seit Du von Rilkes schwarzer Ziegenmilch weißt.
Wenn man solche Andeutungen wie die Deine liest, denkt man sich wohl unwillkürlich "No smoke without fire", wie es so schön heißt... ja; aber von wem dieses Feuer ausgeht, das sollte man doch auch beachten. Im Fall Claire Goll ist das wohl ausreichend geklärt. Auch in dem von Dir angegebenen link finde ich die Geschichte bezeichnet als "schändliche Plagiatsaffäre, die Claire Goll, die Witwe des dt. -frz. Dichters Ivan Goll, 1960 anzettelte".
Und nach diesen Überlegungen möchte ich ausdrücklich sagen, daß mir meine eigene Bemerkung über Sardou (von dem ich gar nichts weiß, was nicht hier steht) leid tut, denn auch sie kann natürlich mißverstanden werden.
Du zitierst Eric Horn:
"Wichtige Formulierungen der Todesfuge entstammen schon dem Gedicht eines Jugendfreundes von Celan: Immanuel Weissglas schrieb sein Gedicht 1944. Auch das kann als Beleg dienen, dass Celan sein entsubjektivierendes Formprinzip über alles stellt, thematische und motivliche Originalität tritt dahinter zurück, gerade besonders "originell" anmutende Textstellen erweisen sich bei genauerem Nachforschen als "bloße Zitate"."
Ah ja. Daher also wohl Deine Anführungszeichen.
Ich kenne Eric Horn nicht. Aber ich frage mich: was sind "bloße Zitate"? Inwiefern sind sie "bloß"? Liegt dieses "bloß" nicht vielleicht im Leser, der es versäumt, den Kontext zu beachten, in dem diese "bloßen Zitate" stehen?
Wir sind hier nicht im Celan-Forum - dennoch möchte ich jetzt näher eingehen auf das (meiner Meinung nach) Puccini-Zitat, das ich schon in meinen letzten postings erwähnt habe; auch, weil ich den Eindruck habe, daß meine Andeutungen bisher nicht verstanden wurden.
Ich beziehe mich auf die Stelle:
- Ein Mann wohnt im Haus der spielt mit den Schlangen der schreibt
der schreibt wenn es dunkelt nach Deutschland dein goldenes Haar Margarete
er schreibt es und tritt vor das Haus und es blitzen die Sterne er pfeift seine Rüden herbei
er pfeift seine Juden hervor läßt schaufeln ein Grab in der Erde
er befiehlt uns spielt auf nun zum Tanz
Also - einmal abgesehen davon, daß der "Wiedererkennungswert" einer Tagebucheintragung wohl nicht so ohne weiteres mit dem einer Zeile aus einem veröffentlichten Gedicht verglichen werden kann:sedna hat geschrieben:stilz schrieb:
"was ist eigentlich der Unterschied zwischen "Abschreiben" und "Zitieren" ... als "Anklang" gemeint"
...
Bei Celan schwingt für mich nichts vage im Unbewussten - der Wiedererkennungswert stellt sich hin wie ein "Täglich stehst du mir steil vor dem Herzen ..."! Das, was 'verleitet' hat, das für die Entlehnung so Gewichtige, sollte doch sinnführend sein, etwas anspielen, aussagen ........ Ich hör nix. Du?
Ja, liebe sedna. Ich höre etwas.
Und ich höre es nicht gern. Überhaupt nicht gern. Aber ich kann es auch nicht überhören.
Ich habe mich viel zu wenig mit Paul Celan (und seiner Beziehung zu Rilke) beschäftigt, um sagen zu können, ob das, was ich da höre, tatsächlich "drin" ist in der Todesfuge.
Aber ich finde es nicht richtig, eine solche Frage schnell und nach dem allerersten Anschein oder einem "grummeligen Bauchgefühl" (das ja immer auch mit einem selbst zu tun hat) zu beurteilen.
Nix für ungut...
Gute Nacht!
stilz
edit: der link zu "Und es blitzten die Sterne" funktionierte offenbar nicht richtig, tut mir leid - ich hab das nun geändert.